Montag, 11. Juni 2012
Ja
Er hätte mir kein größeres Geschenk machen können, dabei hat er es nichtmal bemerkt oder gar gewollt.

Wir wollten am frühen Abend noch eine kleine Radtour machen, aber da mein Rad einen Platten hat, zogen wir zu Fuß von meiner Wohnung aus los. Das war gegen 17:30 Uhr, ich ging von einem kleinen Spaziergang aus, aber langsam sollte ich den Naturjungen kennen. Um 21 Uhr waren wir wieder zu Hause, querfeldein, Abhänge hoch und runter, auf einem Hochsitz mit morscher Leiter pausiert und aus seinem Rucksack zog er Kekse als Wegzehrung, die bei meiner drohenden Unterzuckerung auch dringend benötigt wurden. Noch hierhin und dorthin und wieder viel gesehen und gelacht. Schon fast wieder bei mir angekommen, planten wir die nächsten Tage. Bei ihm steht ein zu feiernder Geburtstag bei seiner Mutter an, die seine freien Tage in der Woche betreffen und für uns wäre wieder nur wenig Zeit. Ich ermuntere ihn, trotzdem zu fahren. Sein Vorschlag, doch mitzukommen zu seiner Familie, überrumpelt mich und ich habe ja auch Termine, fällt mir ganz schnell ein. Für ihn wäre es passend, sagt er.
Es geht wieder querfeldein, wir wollen abkürzen, denn ich hatte Spargel mit der weltbesten Spargelsoße angekündigt. Und ich bin ganz froh, eine Weile hinter oder vor ihm laufen zu können, um meine Fassung wiederzuerlangen.
Da schafft es so ein zaudernder Theologe acht Monate lang nicht, seinen Eltern, zu denen er ein inniges Verhältnis pflegt, geschweige den Schwester oder bester Freundin gegenüber mich auch nur zu erwähnen, und auch nach unserer Trennung dürfen sie nicht wissen, dass er auf den Weg zu ihnen bei einer Freundin Station macht, und dieser seltsame Mensch lädt mich einfach so zu seiner Familie ein, die offensichtlich alles andere als vorzeigbar ist, und wir haben uns noch nichtmal geküßt.
Ich war, bins noch, schwer gerührt.

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