Dienstag, 3. Juli 2012
Autistin
Wir wollten das ganze Wochenende miteinander verbringen, dass wir beide zwei hintereinanderfolgende Tage frei haben, muss ausgenutzt werden. Samstagmorgen beim Frühstückmachen und noch allein, merkte ich, dass irgendwas gar nicht gut war. Ständig viel mir was runter oder ich stieß mich irgendwo, Stimmung grundlos gereizt bis wütend. Da ich wusste, dass solche Launen meistens schlagartig weggehen, wenn ich in freundlicher Gesellschaft bin, verwarf ich den Gedanken an eine spontane Absage sofort wieder. Auch die Fahrt mit dem Rad zum Bahnhof würde mich wieder ausgeglichener machen. War dann aber diesmal nicht so. Die Begrüßung fiel also dementsprechend stachelig aus, viel Zeit zum Erklären gab es nicht, wir mussten in windeseile die Räder über die Treppen zum Zug tragen und dort mit allen anderen Samstagsradtouranwärtern pacman mit Rädern spielen, dabei hätte ich am liebsten erst gegen diese störrigen Viecher und dann noch gegen deren besserwisserischen Fahrer getreten. S. war mittlerweile sehr irritiert.
Immerhin konnte er mit der Aussage, dass ich gerade einfach äußerst unausgeglichen und aggressiv sei, etwas anfangen und schlug vor, einfach als Freunde zusammen einen Ausflug zu machen. Es muss schwer für ihn gewesen sein, und so erzählte er es mir auch später, dass von der vorherigen Nähe, Lachen, Küssen, Blicken und Umarmungen gerade nichts mehr sein durfte. Aber auf diese Weise habe ich die Tour sogar einigermaßen genossen, als Autistin ist man ja nicht unbedingt unglücklich.

Abends auf dem Sofa konnte ich mich immerhin wieder in den Arm nehmen lassen und am nächsten Tag war wieder alles gut.

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