Montag, 6. Oktober 2014
Finnin
Die alte Finnin kommt als Bittstellerin und ich bleibe kurz angebunden, lächel kaum und sage die ganze Zeit in Gedanken zu ihr "Bitte geh wieder, geh jetzt!" Mit Mühe und Not und viel gutem Willen seitens der Betreuung hat sie damals vor vielen Jahren ihren Magister gemacht. Seitdem trägt sie sich mit den Gedanken, vielleicht doch noch zu promovieren, möchte mit mir bei jeder Gelegenheit darüber reden und versucht, ein Hilfsversprechen einzuheimsen. Es liegt nicht nur an der Sprache, es liegt an ganz anderen mangelnden Fähigkeiten. Aber sag das mal jemanden. Nun hat sie einen Aufsatz geschrieben und zunächst vertrauensvoll ihrem Magisterbetreuer vorgelegt, meinem Forschungsprojektleiter, der sie einfach an mich weiterverweisen hat. Die ersten vier Versionen habe ich ohne Korrekturen zurück geschickt, weil das einfach kein Text war. Oder meistens hatte ich es auch nur vor, dann fehlten mir die richtigen Worte und es blieb liegen, bis wir uns wieder über den Weg liefen. Ich sagte ihr mal, dass sie sich jemanden zum Überarbeiten suchen müsse, mal, dass noch Einleitung und andere Basics fehlten, immer mit der feigen Hoffnung verbunden, die Sache würde sich irgendwann ohne mein Zutun von selbst erledigen. Sie nickt jedesmal ergeben und unterwürfig, wird noch kleiner und grauer und tut mir dann umso mehr leid. Klar ist, auch wenn ich den Text sprachlich und stilistisch zurechtrücke, wird er niemals irgendwo angenommen werden. Sie wird auf diese Weise ihre prekäre finanzielle Situation nicht ändern können und eigentlich halte ich ihre Hoffnungen nur weiter in der Schwebe.

Ich finde, es wäre Sache ihres ehemaligen Betreuers gewesen, ihr diesen Zahn sofort zu ziehen, anstatt sie an eine weitere Expertin zu verweisen.

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