Freitag, 31. Mai 2013
Keine gute Schwiegertochter
Weihnachten hatte ich meine Schwiegermutter in spe kennengelernt. Der verrückte Radfahrer hatte mich schon vorgewarnt und sie als kleinen narzistischen Giftzwerg beschrieben. Weil man sich ja nur selten sehen wird und überhaupt, habe ich mich natürlich um gutes Auskommen bemüht, also meistens nur freundlich zu allem Ja oder in den schlimmeren Fällen nichts gesagt. Immerhin ist sie fast 80 und mit alten Damen soll man höflich umgehen.
Gestern war sie mitsam der Radfahrerschwester (die immerhin sehr nett ist) zum Babygucken angereist, mit im Gepäck ein Essen für mindestens drei Tage, Kuchen für eine Fußballmannschaft und all die Babysachen, die ich Weihnachten bei ihr wegen unglaublicher Häßlichkeit mit der Begründung aussortiert hatte, ich hätte in der Größe schon ganz viel aus meiner Familie. Zu viert versuchten wir uns tapfer an dem Essensberg (Lammfleisch UND Hackfleischbraten, Gemüse UND Spargel, Kartoffeln UND Nudeln, plus einen mit Sahne totgeschlagenen Salat). Beleidigt, weil wir nicht alles aufgegessen hatten, brach sie mit uns zum Spaziergang auf und da war ich schon längst an dem Punkt, nicht mehr mit guter Miene alles überstehen zu wollen, da wir mit dem kleinen Mädchen ja sowieso alles falsch machen: Unerhört, dass ich während des Essens stillen wollte, nach dem Trinken müssen Babies ins Bett gelegt werden, man darf sie nur 20 Minuten anlegen, sonst wird sie verwöhnt und dann das mit dem Tragetuch statt Kinderwagen... Immerhin sprach sie mit mir dann kein Wort mehr und ich musste mich nicht mehr um sprachliche Verrenkungen bemühen, weil ich es nicht einsehe, sie weiterhin zu siezen, und sie mir nicht das Du anbietet. Sie war dann so nachhaltig beleidigt, dass sie die brütende Fischreiherkolonie keines Blickes würdigte, auf der Schwelle der kleinen Dorfkirche mit den Worten "hier stinkts!" kehrtmachte und, wieder zu Hause angekommen, mit verschlammten Schuhen über den alten Teppich meiner Großmutter wanderte .
Ich habe sie dann mit einer üblen Gemeinheit bestraft: Während meine neue Schwägerin selbstverständlich die Kleine auf den Arm nehmen durfte, wurde ihr Ansinnen mit meinem berüchtigten bösen Blick im Keim erstickt. Sie wird sich auch nie wieder trauen danach zu fragen.

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