Donnerstag, 3. Mai 2012
Arbeitsethos
Mit dem Zweitfotografen hatte ich heute einen Termin um 10 Uhr. Wir wollten zum Schloss und dort ein sehr altes Ding fotografieren, dass ich schon immer aufgenommen haben wollte, weil es ein Skandal ist, dass sowas nicht dokumentiert ist und jetzt kam endlich der Anlass, die bevorstehende Publikation einer Freundin, in der dieses Ding vorkommt. Der Hauptfotograf hatte den Zweitfotografen für die Aktion ausgewählt, wir wollten um 10 Uhr alles Siebensachen packen und losfahren und waren eine halbe Stunde später mit dem Restauratoren, über den Schlossbesitzer vermittelt, verabredet. Das hatte ich alles säuberlich eingefädelt, Termine und Treffpunkte ausgemacht, welche Ansichten des Dings und welche Details besonders zu bedenken seien usw.
Um 10 Uhr suchte ich den Fotografen in seiner Werkstatt und dann im Büro und dann in allen anderen Räumen, weder er noch der Hauptfotograf noch einer der Azubis war da. Nachdem ich alles via Handy aufgeklärt hatte, konnte ich beruhigt wieder an meinen eigenen Schreibtisch gehen, auf solche Fotografen ist irgendwie doch Verlass und ich bin da völlig überflüssig. Der Hauptfotograf hatte nämlich spontan beschlossen, doch selber zu fotografieren, wahrscheinlich wartete zuviel Bildbearbeitungsarbeit am Computer auf ihn, und zu zweit gehts immer besser, dieses Ding ist ja auch recht umfangreich (kleiner als ich und ich bin klein!) zu dokumentieren und bevor man den Computer anmachen muss, kann man auch gleich losfahren. Als ich sie endlich am Telefon hatte, waren sie längst am Ort und hatten den Restauratoren gleich zum Arbeitsbeginn abgepasst. Immerhin nahmen sie noch ein paar Anweisungen von mir entgegen, aber wenn der Hauptfotograf erstmal die Kamera in der Hand hält, macht er sowieso alle nur denkbaren Ansichten und Details.

Aber bei dem Ding in der Kirche, das ich für meine Arbeit brauche, dann lasst ihr mich mitkommen!

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Donnerstag, 26. April 2012
Gender Studies
Die anstrengendsten drei Sitzungen meines Seminars sind rum, die, in denen ich die eineinhalb Stunden fast durchgehend reden und für die ich mich dementsprechend besser vorbereiten muss. Ab der nächsten Woche haben dann die Studenten mit ihren Referaten das Wort.
Mich verwundert ein wenig die Aufteilung: In diesem Frauenfach hat man pro Seminar ca. ein bis drei Männer sitzen, bei mir ist es diesmal umgekehrt. Drei Frauen: eine zählt nicht so richtig, sie ist Seniorenstudentin; eine Austauschasiatin, der ich mit Mühe und Not verständlich machen konnte, was sie zu tun hat; dann mein Fan aus einer Nachbardisziplin, die meine Seminare im Abo gebucht hat, blitzgscheit und leicht aggressiv, die sich schonmal für ihr Fehlen damit entschuldigt, dass sie sich mit ihrem Freund streiten musste.

Meine Männerüberschusstruppe hört mir immerhin bis zuletzt interessiert zu, stellt von sich aus Fragen und beantwortet auch brav meine.

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Samstag, 21. April 2012
Boxenstopp
Mein Wohnort liegt genau zwischen seinem Wohnort und dem seiner Eltern. An diesem Wochenende und in den kommenden Wochen wird er wegen einiger Familienfeierlichkeiten öfters diese Strecke nehmen. Er bittet nie um einen Boxenstopp bei mir, ich muss es ihm anbieten, er gibt mir aber die Gelegenheit zur Einladung. Heute also, Linsen-Dal und Feldsalat, zweieinhalb Stunden, gerade ist er wieder gefahren.
Zuerst war ich wieder mal abweisend und verschanzte mich hinters Kochen. Und beim Verschanzen blieb ich, was die zaghaften Zärtlichkeiten anging. Und beim Abschied, ich wollte ihn doch nicht so schnell wieder gehen lassen, beschwerte ich mich über seine neue Jacke, die mir so garnicht gefällt. Jetzt ist mir das Herz schwer und trotzdem möchte ich, dass er diese Gelegenheit noch öfter wahrnimmt.

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Dienstag, 17. April 2012
kaputt
St. ruft an, es geht um die Verschiebung einer Verabredung. Dass er anruft, um sich zu entschuldigen, hätte mich auch sehr gewundert. Ich kann erst mal nur einsilbige "Hms", ich weiss immer noch nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll nach seinen Ausfällen. Irgendwann frage ich dazwischen, ob er denn gut heimgekommen sei. Ja, meint er, offensichtlich, er könne sich an nichts erinnern. Dann weiss ich, was ich will und tue es auch gleich: ihn zusammenfalten. Laut. Als ich fertig bin, sagt er lange nichts und dann, leise und stockend, dass er seit unserem Gespräch in der Küche einen Filmriß habe, dass er seit acht Jahren nur zusehe, wie sein Leben den Bach heruntergehe und nichts dagegen tun kann, dass er in allen Bereichen so dermaßen unzufrieden ist, aber keine Kraft habe, irgendwas zu ändern. Nichts davon ist mir wirklich neu, nur die tiefe des Abgrunds. Jetzt erzählt er lange und ich lasse ihn reden. Ich glaube, so ehrlich war er sich selbst gegenüber noch nie.
Nachmittags kommt J., um mir mein liegengebliebenes Autochen wieder flott zu machen. Während er das Kabel an beide Batterien anschließt und ich diverse Startversuche mache, während er die Kontakte reinigt und ich nochmal versuche, den Motor anzulassen, erzähle ich ihm von St. Ich erzähle weiter, während J. raucht und wir beide warten, ob ein paar Minuten Pause den Erfolg beim Anlassen bringen. Ich erzähle von meinen Vorschlägen, eine Therapie zu beginnen und St.s Abwinken, von der Verzwicktheit der gesamten Situation, von der beginnenden Verachtung seines achtjährigen Sohns. Wir machen einen letzten Versuch und damit schrotte ich wohl auch noch den Anlasser und nehme mir die Chance, für den Wagen noch ein paar Euro zu bekommen. Wir beenden den mißglückten Starthilfeversuch mit einem Achselzucken und gehen rein. Was ist schon ein kaputtes Auto gegen ein kaputtes Leben?

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Dienstag, 17. April 2012
Mehr feiern
Wenn ich mal wieder eine Kurzdepression bekommen sollte, mache ich es wieder so: eine Party schmeissen, bis um 7 Uhr morgends feiern und nach zwei Stunden Schlaf bestens gelaunt, ausgeschlafen und unverkatert wieder aufstehen. Ich bin tatsächlich geheilt.

"Das war ja beeindruckend bei dir!" waren die Worte, mit der sich der schöne Therapeut heute in einer Email nochmal bedankte. Beeindruckend triffts, beeindruckend fand ich es auch. Erstmal ist es immer verdammt interessant, deine verstreuten Freunde und Bekannten aufeinander los zu lassen. Da kann jede Menge passieren.
Beeindruckend war zunächst, wie schnell St. betrunken war und wie aggressiv er wurde. Ich hatte ihn einfach irgendwann stehen gelassen und musste dann erfahren, dass er noch einige andere mit seinem Wissenschaftlerhass überschütten musste - zum Glück hat sich niemand von ihm provozieren lassen. Irgendwann war er weg und ich überlege gerade, unsere Freundschaft zu beenden ob der ganzen Beleidigungen. Aber so schnell werfe ich nun doch wieder keinen Freund weg!
Irgendwann gegen frühen Morgen waren wir nur noch zu viert. Inga natürlich, ebenfalls betrunken natürlich, dann der schöne Therapeut und der schöne Fotograf. Ich hatte zwar jede Menge von meinem derzeitigen Lieblingsapulier getrunken, kam mir selber aber (fast) völlig nüchtern vor. So saß ich dann auf meinem Sofa und mir gings richtig gut. Neben mir Inga, die immer anhänglicher wurde. Aber das kenne ich ja schon und habe gegen ihre Zärtlichkeiten nichts einzuwenden, muss sie nur etwas im Zaum halten. Uns gegenüber saßen die beiden schönen Männer und fanden das auch ganz interessant, was sich da abspielte. Irgendwann musste Inga mal wieder rauchen und verschwand auf dem Balkon in Begleitung des Therapeuten. Der Fotograf und ich unterhielten uns lange, bis er, es wurde schon hell, doch mal gehen wollte. Erst da fiel uns auf, dass wir von den beiden schon lange nichts mehr gehört hatten und der eine der beiden Balkonstühle, den ich von meinem Platz aus sehen konnte, leer war. Beim Verabschieden de Fotografen bot sich dann das für mich völlig unerwartete Bild mit Inga in den Armen des schönen Therapeuten auf meinem Liegestuhl. Der Therapeut meinte nur, sie bräuchten noch einen Moment. Also räumte ich auf, bis sie wieder erschienen und wir uns zu dritt aufs Sofa setzen. Inga in der Mitte, völlig durcheinander, dass sie da einfach so jemand in den Arm nahm, ohne die Situation auszunutzen, und in endlosen Wiederholungen ihr ganzes Elend berichtend, daneben Liebesbekundungen und Komplimente für mich. Der Therapeut kichernd, ich recht still, weil mir gerade der Theologe fehlte, und so hielten wir sie beide im Arm, er rechts neben ihr, ich links. Irgendwann nahm Inga seine rechte und meine linke Hand und fügte sie zusammen und so saßen wir dann zu dritt eng umschlungen, streichelnd, händchenhaltend, kichernd und brabbelnd und in dieser ganzen Traurigkeit war das ein wunderschön naher und durchaus auch sinnlicher Moment. Es war dann ganz hell, als Inga endlich im Taxi saß und der schöne Therapeut noch ein paar Minuten durch meine Wohnung streifte, die ja mal seine war, und sich alles ganz genau anschaute. Wir waren beide müde, aber ich war auch ganz froh für diesen Moment Normalität. Zum Abschied gab es noch eine herzliche Umarmung und meine Party war zuende.
Öfter machen!

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Samstag, 14. April 2012
Partyvorbereitung
Der Chef mailt, was soll er auch sonst tun, wenn ich schon seit Tagen das Institut meide, ob er auch seine kleine Tochter und dann natürlich auch mitsamt Lebensgefährtin, mitbringen dürfte. Es wird in der nächsten Email von ihm allerdings schon wieder verworfen, da die Kleine gerade einen Overkill an Kindergeburtstag hat.
Der schöne Therapeut fragt, ob ich meinen Nachbarn über mir auch eingeladen habe, und da ich es verneine, beschließt er einfach, ihn dazuzuholen. "wenn du das Licht nicht anmachst, siehst du ihn auch nicht." Nadanke.
Meine Partyvorbereitung besteht erstmal darin, J. am Telefon anzumaulen und dann in einem zweiten, von vielen folgenden, mich dafür zu entschuldigen; zu den folgenden gehörten dann auch tränenreichere und heitere. Dann wollte ich mit meinem schrottreifen Kleinstwagen Bier kaufen fahren, aber der sprang nicht an. Nachhaltig nicht. Inzwischen hatte J. die Ferndiagnose gestellt: Batterie. Er wird sie morgen bei meiner Party unter viel Applaus ausbauen und hier im Wohnzimmer aufladen - für ein Event ist also gesorgt. Vielleicht ist die Batterie eine weiter Sitzgelegenheit, daran mangelt es mir nämlich. An Bier mangelt es nicht mehr, Inga half aus. Der Wein war schon vor Wochen bestellt, dann durchgetestet und nochmal nachbestellt.

Ich pflege weiterhin meine Krise, befeuert durchs nichtfahrende Auto und einen verstopften Abfluss. Auf der Suche nach einem Pömpel verschlägt es mich in mein Lieblingsmittagslokal und dort trinke ich erstmal einen Kaffe mit dem schönen Therapeuten und seinem Fahrradschrauberfreund. Sie sind gerade mitten im Universum, also in der Erklärung desselben. Filmreif, wie beide gleichzeitig und quitschvergnügt mir das Gegenteil des Universums vorspielen. Seitdem bin ich von meiner Kurzdepression geheilt.

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Donnerstag, 12. April 2012
Auf und ab
J. sagt am Telefon, er kenne niemanden außer mir und D., die so sehr begeistert wäre von ihrer Forschung. Das behauptet er öfters, ich glaubs nicht, ich fühle mich gerade wenig begeistert.

Mein Büronachbar sagt, er wäre beeindruckt von meiner Fotoauswahl. Die könne man alle übernehmen und es wären weit bessere Vorschläge, als die meiner Kollegen. Ich dachte, ich habe dazu nichts wichtiges beizutragen.

Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen dem, was mir meine Umwelt mitteilt, und dem, was ich wahrnehme.
Ich gehe mir selber auf die Nerven mit meiner Niedergeschlagenheit. Ich will, dass es sofort aufhört, weil ich dieses Gefühl nicht mehr dulden möchte.

Meine Party am Samstag wird eine lustige Mischung an seltsamen Menschen. Ich werde sie alle in meine Wohnung lassen, ein Glas von dem wunderbaren apulischen Rotwein in die Hand drücken und mich in eine Ecke setzen, um zu beobachten was passiert.

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Sonntag, 8. April 2012
Doppeldosis Ostern
Vielleicht zwei bis drei Stunden Schlaf. Als der Wecker um 4:15 Uhr klingelte, war ich sowieso schon wieder wach. Egal, dachte ich mir in dieser unruhigen Nacht, dann schlafe ich halt nicht, kann ich ja tagsüber nachholen (und habe es dann doch nicht gemacht).

Ich ging davon aus, mutterseelenallein durch die dunkle Stadt zu radeln, vielleicht noch den ein oder andere auf dem Weg zu einer der Kirchen anzutreffen, ich hatte nicht an die vielen Studenten und Jugendlichen gedacht, die auch noch, allerdings etwas geräuschvoller, unterwegs waren. Der Küster erkannte mich erst nicht in der völlig dunklen Kirche und fragte, ob er mir mit seiner kleinen Taschenlampe den Weg leuchten sollte. Nein, denn ich weiß ja, wie hell unbeleuchtete Kirchen dann doch sind, ich war schon oft nachts an solchen Orten. Das Gröhlen von außen hört man nur noch gedämpft, ich finde dieses Nebeneinanderher irgendwie gut.
Die Liturgie war archaisch. Eine einzige Kerze getragen vom Hauptliturgen, die Exultet gesungen, ausgerechnet der Pfarrer gibt das Licht an mich weiter. Zum ersten Halleluja läßt der Kantor es dann ordentlich krachen und nach eineinhalb Stunden treten wir mit Wachs bekleckert (zumindest ich), frisch tauferinnert, geabendmahlt und gesegnet in den nun hellen Morgen. Statt der wankenden Jugendlichen stochert nun die Stadtreinigung nach Abfall.

Fünf Stunden nach der ersten Feier sitze ich wieder im Gottesdienst, nun allerdings neben I., zur üblichen Zeit um 10 Uhr und in einer andere Kirche. Ich hatte für uns die große Kathedrale ausgesucht, weil ich nach den ganzen kryptokatholischen Messen jetzt Sehnsucht nach handfester protestantischer Liturgie hatte und hier wurden noch ein paar Bach-Kantaten dazugeliefert. Wohl richtig ausgesucht, denn der Dekan hatte die Predigt extra für uns beide geschrieben, wie ich hinterher kichern vermutete und I. noch mit Tränen in den Augen bestätigte.

Außer etwas Weißbrot und ein Schluck Wein hatte ich noch kein Frühstück, das holten wir dann umgehend und ausgiebig nach. Und I. bat mich, sie wieder mitzunehmen, wenn der Dekan dran wäre.

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Freitag, 6. April 2012
Johannespassion von Bach
Die Krise wird langsam wieder besser. Ich habe gerade auch wirklich wenig Lust auf sowas. Aber gut ist noch nichts so richtig wieder.

Zur Feier meines Geburtstages hatte ich mir gestern freigenommen. Auch, weil ich ja den Tag zuvor schon nicht arbeiten konnte und mit Gewalt dann sowieso nur alles schlimmer wird. Spät aufgestanden, gezwungenermaßen, weil ich die halbe Nacht noch grübeln musste und ausgiebig meine Krise pflegen (wennschon dennschon so wie früher: Verzweiflung, den Schmerz durch einen anderen ersetzen müssen, nicht ins Bett gehen können, alles schwarz). Mitternacht dann endlich das Päckchen vom Theologen öffnen können - warum schenken wir beide Rindviecher uns eigentlich noch etwas zum Geburtstag? Vieles wäre leichter, wenn wir nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen feiern müssten.
Auf dem Anrufbeantworter waren schon J. und St. und J. rief auch gleich wieder an. Besorgt. Er kennt meine Stimme in diesen Situationen. Wir reden darüber, ob es sinnvoll oder sogar notwendig wäre, nochmal eine Therapie zu beginnen. Erstmal abwarten. Ich bin noch ganz benommen und vermeide den Blick in den Spiegel, ich weiss auch so, wie es da drinnen aussieht, ich kann den Druck auf den Augen spüren. Trotzdem gehe ich mittags in meinem Lieblingslokal essen, mir gerade egal, was andere denken, ich wünsche mir Kontakte und finde sie im Fahrradschrauber mit seinen Albernheiten. Der schöne Therapeut ist noch im Urlaub, wusste ich aber auch. Der Fahrradschrauber deutet auf mein Gesicht und fragt, ob ich Heuschnupfen habe. Nö, antworte ich nur, wechsel das Thema und lade ihn zu meiner Party ein.

Abends endlich das Konzert! Ich hatte, ungelogen, den besten Sitzplatz im Konzertsaal, unserer fast einzigen kath. Kirche der Stadt (es gibt noch eine zweite, die aber eher eine Kapelle zu nennen wär). Ich saß in der ersten Reihe, so, dass ich die Sänger immer gut im Blick hatte und mir kam es vor, als ab das kleine Orchester, die fünf Sänger und der Chor einzig für mich auftraten - so sehr vergaß ich das gesamte Publikum hinter und neben mir. Das mit dem gut im Blick war allerdings nebensächlich, weil ich meistens mit geschlossenen Augen zuhörte, so hatte auch der Bratscher direkt vor mir die Möglichkeit, mich die ganze Zeit (fast) unbemerkt zu beobachten. Chor und Orchester waren gut, sehen wir mal von dem sichtbar abgelenkten Bratscher ab. Vier der fünf Solisten waren gut bis göttlich, absolut grauenhaft war nur der Bass. Zum Glück hat er in diesem Stück keine tragenden Rolle. Gut, er singt den Jesus, aber das sind zum Glück nur kurze Passagen, und bald ist er ja auch tot. Meine Lieblingsarien übernehmen Sopran und Tenor und meinetwegen hätten sie sie je dreimal hintereinander singen können. Der Dirigent hatte zu Beginn darum gebeten, dass es zum Ende keinen Applaus geben möge. Die Stille war ein seltsamer, aber absolut stimmiger Abschluss.

Zu Hause erst noch der Anruf der Schwester, die mir am nächsten steht, dann, weit nach Mitternacht, noch der Theologe. Lange gesprochen, viel wohltuende Nähe, und jetzt bin ich es die ihm sagt, komm gerne vorbei, wann immer du in der Nähe bist (das wird in den nächsten Wochen vielleicht einigemale vorkommen), aber wir sollte keinen Sex haben.

Wenn ich nur wüsste, wo ich den Hebel anzusetzen hätte.

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Mittwoch, 4. April 2012
3000 + 40
Jetzt ist es soweit, die 3000 ruft nach Statistik.

Ich bin Geisteswissenschaftlerin, da kann ich sowas nicht können. Ich machs halt so, wie ich mir Statistik schönredevorstelle, wie mit allem im Leben.

Vor 3000 Tagen begann mein Blog. Ich kann mich recht gut daran erinnern, mitten in Therapieeinsatz, Depression und Schreibblockade. Aufzeichnungen darüber gibt es keine mehr, weil ich irgendwann mal alles wieder gelöscht habe. Was ich heute sehr bedauere. Alle Statistiken, die man erstellen könnte, wären demnach verfälscht. Aber gibt es überhaupt die perfekte Statistik?

Mein Blog setzt erst wieder am 20. März 2008 ein, das ist zwei Monate nach meinem Klinikaufenthalt. Von dort bis heute habe ich 228 Beiträge verfasst. Ich schreibe also durchschnittlich alle 13,16 Tage einen Beitrag? Ich bin echt eine Seltenschreiberin und mache immer mal wieder monatelange Pausen. Drei dieser Beiträge sind offline: In einem habe ich ein paar html-technische Sachen gespeichert, aber die habe ich auch an anderer Stelle abgelegt, wo ich bequemer drauf zugreifen kann; einen habe ich wohl mal vergessen online zu stellen, heute unwichtig; in einem steht kurioserweise ganz allein ein L, der Sinn erschließt sich mir nicht.

Es gibt drei Bilder. Es gab mal mehr, aber nie richtig viele. Zwei sind noch 2008 eingestellt worden, da war ich wohl noch engagierter, eins im Dezember 2011. Ich stelle also im Durchschnitt alle 1000 Tage ein Bild rein.

Der mit großem Abstand meistgelesenste Artikel ist dieser hier. Völlig zu Recht. Nicht wegen des brillianten Schreibstils, sondern wegen des historischen Moments. Die darauffolgenden meistgelesensten Einträge erschließen sich offensichtlich aus meinen Bloglöchern. Unermüdliche Mitleser gucken wohl immer mal wieder.

Ich habe keinmal mein Layout verändert. Vielleicht bin ich doch konservativ. Nein, ich beschäftige mich einfach nicht gerne mit sowas. Wenn ichs könnte, würde ich ja hier meine Lieblingsblogs auflisten und Bilder an den Seiten anbringen usw. Ich habe aktuell andere Interessen.

Ich habe 23 andere Blogs abonniert, lese die aber nicht alle, dafür andere, die so oft auf der ersten Seite erscheinen, dass man sie nicht abonnieren muss. Einer dieser Blogger ist tot, drei schreiben nicht mehr, leben aber hoffentlich noch, ich lösche sie aus reiner Sentimentalität nicht.

Ich kann mit keinen weiteren Zahlen (Besucher, Kommentierer usw.) aufwarten, weil ich nicht wüsste, wie man an sowas herankäme - ich muss es auch nicht wissen. Ich selbst kommentiere eher selten und bekomme auch eher wenige Kommentare, das ist okay.
Ich könnte stattdessen mit Zahlen aufwarten, wieviele Beziehungen in diesen 3000 Tagen kaputtgingen und wie oft ich die Wohnung gewechselt habe. Allein, mir ist aktuell nicht nach weiterer Vergangenheitsaufstellung. Ich habe eine Krise. Das liegt nicht unbedingt daran, dass ich nun 40 bin, sondern überhaupt am Geburtstag und Bilanz und der Erinnerung an den Doppelgeburtstag vor einem Jahr.

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