Freitag, 21. September 2012
Minigespenst
Ich bin jetzt im zweiten Drittel, von dem immer behauptet wird, es sei das beste. Es ist tatsächlich angenehmer als die ersten Wochen, ich bin wieder fitter und wacher. Meiner Verdauung müsste nur mal jemand Bescheid sagen, dass ich jetzt in die angeblichen schönsten Schwangerschaftsmonate komme, denn mit anhaltend streikender Verdauung macht das dann doch keinen Spass.
Sonst:
• Von den Hosen passt nur noch die, die sonst viel zu weit war.
• Alle (und das sind viele) von meiner Familie sind vor Lachen zusammengebrochen ob dieser Absurdität: ich = schwanger. Ich lach ja auch noch.
• Ich kenne jetzt detailliert die Geburtsgeschichten von allen sieben Kindern meiner Mutter inklusive Nr. 8, der zu früh seinen Abgang hatte. Kann ich mir das bitte nochmal überlegen mit der Geburt?
• Das mit dem Sex im zweiten Drittel stimmt!
• Die höheren Mächte, die mir befahlen Wurst zu essen, sind nun auf Fisch übergeschwenkt. Danke. Wurst verdaue ich einfach nicht, hab ich schon im unschwangeren Zustand nicht gemacht.
• Es hat ein Gehirn! Immerhin. Ich hab auf dem Ultraschall die beiden Hälften sehen können. Auf dem ausgedruckten Foto sieht es allerdings wie ein Minigespenst aus, weil gerade die Augenhöhlen im Bild waren.
• Ich habe 5 Kilo zugenommen und finde das ein wenig viel. Meine, in der Überzahl eher übergewichtige und deswegen schon immer auf mich neidische Familie hörts mit hämischer Freude. Danke.

Der verrückte Radfahrer und ich planen Wohnung. Auf die faule Tour: allen Bekannten aus der Stadt Bescheid sagen, dass wir suchen und hoffen, das uns rechtzeitig etwas passendes vor die Füße fällt. Die schöne Option mit Parkett und Erker bei meiner Cousine hat sich leider wieder zerschlagen. Dabei hätte der Familienanschluss die zu nahe Straße und das fehlende Zimmer wieder wett gemacht.

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Montag, 10. September 2012
Tag des offenen Denkmals
Ich halte mir eigentlich diesen Tag immer frei, um mir irgendwelche interessanten Sachen anzusehen, die sonst nicht zugänglich wären. Dieses Jahr wars auch so. Das Denkmal, das seine Tore geöffnet hatte, war mir allerdings schon gut vertraut. So gut, dass man mich zu einem Vortrag in diesem Gebäude eingefangen hatte. Hat Spaß gemacht! Leider konnte ich mir auf diese Weise nichts ansehen, dass mir noch unbekannt war.

Mit dem Zug bin ich die erste Strecke gefahren und an einem Haltepunkt, Bahnhof wäre übertrieben gewesen, ausgestiegen, bei dem man den Schaffner erst um Halt bitten muss. Dann durch das schöne Spätsommerwetter zu meiner Kirche geradelt, in der der Vortrag stattfinden sollte. Am Ortseingang noch schnell einige Kleidungsänderung vorgenommen: Hose wieder heruntergekrempelt, Leinenblazer übers Top und hinterher wurde ich mit Kuchen gefüttert und mit einer unglaublichen Geschichte über ein Gemälde unterhalten, das ansich häßlich und uninteressant ist, aber halt in meinem Vortrag eine Nebenrolle spielte. Für die Fahrt und die Geschichte hat sich die Aktion gelohnt.

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Montag, 27. August 2012
Suche im Gedächtnis:
Vor vielen Jahren, es war auf einer Ausstellung, ich kann mich noch recht gut an die Räumlichkeiten erinnern, nicht aber an das Thema oder den Ort der Ausstellung. Es war ein Grabstein - oder doch nur eine Grabbeigabe? Es war zumindest eine längere, an dieser Stelle und in ihrem Inhalt ungewöhnliche Inschrift. Der Zusammenhang war das Grabmal eines höhergestellten Klerikers. Bischof, Erzbischof…?
Diese Inschrift gab einen Hinweis auf etwas, das mit meiner Forschung im Zusammenhang steht und das jetzt, gerade in diesem Augenblick, ganz ganz wichtig wird.
Ich kann mich noch an einige Einzelheiten erinnern: Mit dem Land, aus dem das Stück kam, habe ich sonst nichts zu tun. Niederlande, Belgien? Die Inschrift war gut lesbar, eine Prunkinschrift. Die Zeit ungewöhnlich früh, mag das 10. oder 11. Jh. gewesen sein. Das Objekt wurde erst kurz vor dieser Ausstellung bei einer Grabung gefunden.

Ich kann mich außerdem gut erinnern, dass ich mir die ganze Inschrift notiert habe sowie alle anderen nötigen Angaben, wie Katalogtextbearbeiter usw. Aber wo verdammtnochmal?

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Donnerstag, 23. August 2012
Trisomie 21-Test
Im Wartezimmer sitzt in der einen Ecke eine sehr dicke Frau, in der anderen liest ein Mann und in der dritten spielt abwesend ein Kind. Ich setze mich dazwischen und versuche herauszubekommen, zu wem das Kind gehört - zu beiden, wie sich dann herausstellt, als sie aufgerufen werden.

Dann bin ich dran. Ich sage nur, dass es doch garnicht um diesen blöden Test ginge, den mache ich nämlich nicht, und dann heule ich erstmal. Sehr kompetente und nette Psychoberatung. Anfang nächster Woche rufe ich wieder an und dann gehe ich entweder regelmässig zu ihr zur Beratung - das darf ich bis zur Geburt - oder sie vermittelt mir schnell einen Therapeuten (ausdrücklich nicht den Schönen oder einer seiner Freunde!) und ich mach nochmal Kurztherapie. Bis dahin nur noch Spaßforschung! Alles andere ist gestrichen, ich arbeite ja sowieso seit Wochen nicht mehr richtig.
Also kümmere ich mich jetzt um den Vortrag in der Schweiz - bis ich keine Lust mehr dazu habe und dann mache ich mit dem verrückten Radfahrer eine Tour.

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Mittwoch, 22. August 2012
Miniwalfisch
Schließlich sitze ich in etwas unvorteilhafter Haltung auf dem Stuhl und meine Frauenärztin zeigt auf dieses längliche Ding vor dunklem Hintergrund: "das ist ihr Kind!" In der Mitte pulsiert es und auf dem Bild sieht es aus wie ein Miniwalfisch. Etwas klein sei es, aber noch nicht besorgniserregend. Der verrückte Radfahrer war die ganze Zeit dabei und das war gut so. Eigentlich hat sich durch die Untersuchung nichts geändert, aber mir kommt es jetzt offizieller vor. Hinterher war ich dann völlig durcheinander in einem Wirrwarr aus Ängstlichkeit und Bewegtheit und der Zustand hält immernoch an: Arbeiten ist gerade nicht möglich, dabei geht es mir körperlich gut. Wahrscheinlich wäre gerade ein Job mit geregelten Arbeitszeiten und Aufgaben, die von anderen vorgegeben werden, für mich leichter zu bewerkstelligen.

Man hat zuviele Entscheidungsmöglichkeiten. Ich werde diesen Test wohl nicht machen, aber ich habe noch Gesprächsbedarf und so bin ich für morgen bei der Diakonie angemeldet. Und zwar allein.

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Montag, 20. August 2012
Abgang
Die Radunfälle scheinen gerade bei blogger.de üblich zu sein und so hatte ich auch gestern meinen ersten Abgang (seit meinen spektakulären Stunts in der Studentenzeit oder der Kollision mit einem Lieferwagen in Italien) bei einer Radtour. Und während ich noch auf den Boden sitzend, das Rad einige Meter hinter mir, versuche kleine Steinchen aus Händen und Unterschenkel zu pulen, schimpfe ich das erstemal laut mit dem verrückten Radfahrer. Wie soll ich auch wissen, dass auf abschüssigem Schotterweg plötzlich links abgebogen werden soll!
Kurze Zeit drauf werde ich nochmal laut (ich war auch schonmal ausgeglichener), weil sich die Hinfahrt zum Brunch mit Freunden, also nur mit Minifrühstück, als 40 km-Strecke hinzog, obwohl mich vor einiger Zeit schon eine 50 km-Fahrt mit vielen Pausen (und Steigungen) fast an meine Grenzen brachte. Eigentlich war auch derselbe Weg als Rückfahrt vorgesehen, der konnte aber dann um die Hälfte verkürzt werden.
Dann im Zug, eingekeilt zwischen vielen anderen Rädern und zwei Rollstühlen, hatte ich ein lustiges Gespräch mit der Fahrerin beider (sic!) Rollis, die in Kürze bei den Paralympics teilnimmt und allein mit ihrem Fortbewegungsmittel und Sportgerät unterwegs ist. Und da stellt man sich so an wegen ein bisschen Schwangerschaft...

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Montag, 13. August 2012
Nebenwirkungen
Immer gut, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und so fahren S. und ich erst mit den Rädern zu einem Ort, an dem ich etwas für mein Forschungsprojekt überprüfen möchte, und dann durch blühende Heide, viele Steigungen und immer besser werdendes Wetter wieder zurück.

Die Kirche in dem Ort hat zu. Hat sie sonst nie und hat sie auch nicht zu sein, bestätigt mir eine Stadtführerin, die gerade mit ihrer Gruppe um die Ecke bog, und verriet mir, wo der Pfarrer wohnt. Der entschuldigt sich, drückt mir einen armlangen Schlüssel in die Hand und verspricht, gleich nachzukommen. Wegen mir muss er das nicht. Ich habe grundsätzlich garnichts gegen Pfarrer, wenn sie ihren Beruf ausüben. Wenn Sie mir aber den Unsinn der Heimatforscher über ihre Kirche erzählen wollen - oder schlimmer noch, was sie sich selbst so ausgedacht haben - während ich einfach nur die Nase in ein paar Baufugen stecken möchte, können sie meine Geduld erheblich strapazieren. Wenn ich ihnen nämlich bei jedem Satz widerspreche, sind sie schnell beleidigt, weil es sich ja, und das ist auch völlig richtig so, um ihre Kirche handelt und wer müsste sich nicht besser auskennen, als der Pfarrer?!

Meine Laune besserte sich auch nicht, weil sich das, was ich überprüfen wollte, als ein handfestes Problem herausstellt. Wars nun eins oder nicht und wenn nicht, was um himmelswillen dann? Und noch schlechter wurde meine Laune, als ich sehr viel später Schwangerschaftsnebenwirkungen an mir entdeckte, die ich nun wirklich nicht haben will. Sehr sehr unangenehm und wenn ich Pech habe, kein Radfahren mehr.

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Freitag, 10. August 2012
7. Woche
Leicht übel. Nicht so, dass ich mich übergeben müsste oder nichts mehr essen könnte, aber so, dass es sehr auf die Konzentration geht. Aber ich muss schreiben! Hochkonzentriert, so mit vielen lateinischen Quellen und einem Berg an Literatur und kniffligen Forschungsproblemen!

Der verrückte Radfahrer war betrübt, weil er mir passend zur Schwangerschaft keine große Wohnung oder gar ein Haus und ein üppiges Gehalt samt regelmässigen und normalen Arbeitszeiten liefern konnte. Aber ich konnte ihn beruhigen und meine den Quatsch, den ich erzähle, sogar ernst: Hätte ich jetzt so einen Partner, würde ich mich nur noch um die Einrichtung des Kinderzimmers und die Ausstattung der Linse kümmern und nicht mehr um den Aufsatz, den Vortrag und mein Forschungsprojekt (das sowieso gerade zu kurz kommt). Irgendwann würde ich damit sehr unzufrieden und unglücklich werden und auf so krude Ideen wie meine Schwester kommen, die mit einen Mann mit ausreichend Geld und ein Haus in Berlin und zwei immer selbstständigeren Kindern die meiste Zeit der Tage vor dem Internet in irgendwelchen Foren verbringt und das für das Leben hält. So verdienen wir gleichvielwenig und ich habe die Chance, an der Situation zu wachsen, nicht nur an Bauchumfang.

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Montag, 6. August 2012
Siebenschläfer
S. schlug eine kleine Radtour vor, deren Ziel die angeblich schönste und geheimste Stelle unseres Flusses war. Ich kanns bestätigen: Wildromantisch und dermassen geheim, dass man als normaler Mensch dort nicht hinkommen würde. Aber ich bin ja nicht mit einem normalen Menschen unterwegs und so gelangen wir nach dem Überqueren versumpfter Kuhweiden (beinahe hätte ich einen meiner Gummistiefel dort lassen müssen), Überwinden mehrerer Zäune (Stacheldraht, versteht sich) und einem wirklich steilen Hang an seine Lieblingsbadestelle. Dass es sich bei sowas nicht um Badestrand und stilles Gewässer handeln würde, hätte mir klar sein müssen. Splitternackt bis auf die Gummistiefel, stapften wir erstmal eine Weile durch eine Ströhmung, bei der man nur mühsam einen Fuss vor den anderen setzen konnten. Und was ich anfangs nie für möglich gehalten habe, weils mir viel zu gefährlich erschien, habe ich mich dann doch noch getraut: sich vom Wasser durch die Strohmschnellen tragen lassen! Okay, ich nur an den leichten Stellen mit anschließendem Adrenalinkicheranfall, S. dafür auch mit den ganz schnellen und ein richtig langes Stück... Hilfe, der zukünftige Vater meines Kindes ist ein Verrückter!

Danach war ich froh über den Kuchen in der Fahrradtasche, denn vor dem Losfahren hatte ich mich noch darüber lustig gemacht, warum man Gummistiefel und Proviant für einen kurzen Ausflug (fünf Stunden dann doch) einpacken muss. Als Picknickort wählten wir einen Hochsitz und oben angekommen stellten wir fest, dass sich den schon jemand anderes als Wohnort auserkoren hatte: Ein Siebenschläfer, der so verwirrt davon war, vor seiner üblichen Zeit geweckt zu werden (der Förster kommt ja immer erst später), dass er erstmal mir ans Bein gesprungen ist und dann verpennt auf dem Boden herumsass, bis er sich auf die Leiter verzog. Wir haben ihm dann ein Stück Sesamschnitte als Entschädigung für den Schrecken dagelassen, obwohl ich die am liebsten ganz alleine gegessen hätte als Entschädigung für meinen Schrecken: Siebenschläfer am Bein! Was für ein drolliges Kerlchen das ist, habe ich erst danach gesehen.

Bild von Wikipedia
Keine Kamera dabei, deswegen von Wikipedia

Als wir den Platz wieder geräumt hatten, ist der kleine Kobold sofort wieder nach oben geklettert. War wohl noch müde und wollte weiterschlafen, jedenfalls sah er danach aus.

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Sonntag, 5. August 2012
Er weiss es jetzt
Etwas nervös, wie er die Neuigkeiten aufnehmen wird, war ich schon. Über Kinder und dergleichen hatten wir nie gesprochen. In den wenigen Wochen war dies einfach noch kein Thema und ich hatte immer eher Ablehnung signalisiert, weil ich definitiv keine wollte. Spätabends kam er erst mit dem Zug an, verwildert von der zweiwöchigen Radreise und hungrig. Bis wir endlich vom Bahnsteig runterkamen, waren längst alle anderen Aussteigenden weg, so überwältigt war ich vom Wiedersehen. Er sollte erstmal bei mir zu Hause ankommen und etwas Warmes zu Essen bekommen, das sich etwas hinzog, weil er viel zu erzählen hatte und viel zu essen. Sofort nach dem letzten Bissen musste ich dann mit der Nachricht herausplatzen. Er hat sich spontan riesig gefreut, sich aber zurückgehalten, bis er sich sicher war, dass ich das Kind auch wirklich will und ich habe ihm einen langen Katalog aufgelistet, wovor ich alles Angst habe - irgendwann lagen wir uns nur noch lachend in den Armen, weils so absurd und verrückt ist.

Wohnungssuche wird erst nach den berüchtigten drei Monaten gestartet, denn keine von unseren beiden Wohnungen wäre geeignet fürs Familienleben und Zuhausearbeiten und ich bestehe auf einem Arbeitszimmer, auch wenns winzig ausfallen sollte. Solange weitermachen wie bisher.

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