Freitag, 10. Mai 2013
J.
Fünf Tage war der Radfahrer jetzt hintereinander arbeiten, davon einmal 24 Stunden unterwegs, und wir sind beide urlaubsreif. Ich weiß, daß das in anderen Familien normal ist, aber der Radfahrer hält seinen Job (Betreuung von meist gewalttätigen psychisch kranken und geistig behinderten Menschen) nicht lange am Stück aus und ich brauche zwischendurch dringend jemanden, der mit dem kleinen Mädchen mal einen Spaziergang macht, damit ich schlafen und/oder duschen kann.
Während der 24 Stunden-Schicht hatten wir uns überlegt, mir zur Entlastung Besuch einzuladen. Dann bekomme ich auch etwas zu essen, damit das Dauerstillen weitergehen kann. Die Wahl fiel auf J., der wollte sowieso vorbeikommen, aber nur, wenn der Radfahrer nicht da ist, und ich konnte es mir mit ihm noch am ehesten vorstellen - bewährt im Kümmern ist er ja. Meine anderen Freunde in der Nähe kommen mir gerade alle zu kompliziert und bedüftig vor, um mir eine Hilfe sein zu können. Am Telefon wurde einige Tage zuvor vereinbart, seine aktuellen Probleme außen vor zu lassen.
Leider hatte er diese Vereinbarung vergessen und tauchte mit einem höchst theatralischen Mir-gehts-so schlecht-kümmere-dich-um-mich-ich-bin-ein-armer-verlassener-Fünfjähriger-Blick hier auf. Auf etwas Traurigkeit war ich vorbereitet und das wäre auch okay gewesen. Wir wissen beide, dass er sich einerseits mit mir freut und andererseits gerade drastisch vor Augen geführt bekommt, dass er wohl nie Kinder haben wird und das sich auch selbst zuzuschreiben hat. Dann weigerte er sich aber, das kleine Mädchen wenigstens mal kurz zu halten und musste mir stattdessen haarklein seine Situation mit diesem ordinären Jungen beschreiben. Seit drei Jahren die gleiche Geschichte und was noch dazu kam, wäre auch unter normalen Bedingungen harter Stoff gewesen. Nachdem er weg war, brauchten wir beide, obwohl todmüde, noch ca. zwei Stunden um zur Ruhe zu kommen. Am nächsten Tag, per langer Email war noch ein Nachtrag und Vertiefung der ganzen bitteren Thematik gekommen, schrieb ich nur eine kurze Antwort mit der Bitte um Kontaktaufschub für ein paar Wochen. Er kanns einfach nicht, mal etwas, dass ihn gerade bewegt, nicht lang und breit besprechen zu müssen.

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Mittwoch, 1. Mai 2013
Freud und Leid
Den Rat der weltbesten Hebamme, vorerst mal nicht mit meiner Mutter zu telefonieren, weil das meine momentane kleine Wochenbettdepression jedesmal verschlimmerte, konnte ich aus aktuellem Anlass mal nicht befolgen: Telefonterror, den ich einen Tag lang ignorierte, schon ahnend aber warum, und dann wollte sie nicht mit dem verrückten Radfahrer sprechen, sondern unbedingt persönlich mit mir, da wusste ich schon den Inhalt:
Meine nächstjüngere Schwester und Problemschwester hat ihr drittes Kind zwei Wochen vor dem Termin zur Welt gebracht. Jetzt ist meine Kleine nicht mehr die Jüngste und hat eine zwei Wochen jüngere Cousine. Soweit alles schön. Das große Leid sind die Umstände der Geburt und das fing schon ewig vor der lang ersehnten Schwangerschaft meiner Schwester an. Diese Geburt und dieses Kind sollte alles wieder gutmachen. Eigentlich sollte es eine Hausgeburt ganz alleine werden, sie hat sich dann doch, auch nachdrücklich durch mich dazu überreden lassen, dass wenigstens eine Hebamme im Haus anwesend sein darf. Hausgeburt deswegen, um ihre traumatischen Krankenhauserfahrungen der vorherigen Geburten zu heilen und das Kind musste die Legitimation für weitere komplette Untätigkeit sein. Es wollte aber nicht und hat sich buchstäblich quergestellt, erst vor zwei Wochen dann doch noch in die richtige Lage gebracht. Die Schwangerschaft war mit allerlei Schwierigkeiten verbunden und die Geburt musste dann doch zu Hause abgebrochen werden und im Krankenhaus per Kaiserschnitt beendet werden. Jetzt geht es ihr so richtig schlecht, weil sie es wieder nicht geschafft hat. Aber zum erstenmal, so sagt ihr unendlich geduldiger Ehemann, denkt sie über psychologische Hilfe nach. Endlich.

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Freitag, 26. April 2013
Sonntagskind
14. April 2013
Kurz vor acht Uhr morgends, nach 10 Stunden.
Alles gutgegangen, aber gewaltig, in jeder Hinsicht.
3.800 kg
53 cm lang.
Immernoch sprachlos.
Also ich, jedenfalls was das Internet angeht, die Kleine kann sich mitteilen.

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Freitag, 12. April 2013
-8
Man sagt ja immer, dass, wenn höchstschwangere Frauen anfangen die Wohnung zu putzen, zu dekorieren oder renovieren, die Geburt unmittelbar bevorstünde: Nestbautrieb. Seit zwei Tagen wird hier aufgeräumt, sortiert, umgeräumt und geputzt - obwohl es nach meinem Einzug eigentlich schon recht übersichtlich zuging. Aber nicht ich bin es, sondern der verrückte Radfahrer, der hier herumwirbelt und mich auch nachdrücklich dazu auffordert, die rechte Seite meines Schreibtischs, zur Wickelkommode umfunktioniert, bitteschön nicht immer als Ablage zu mißbrauchen (jaja...) und überhaupt!

Wundern würde es mich ja nicht, wenn er diese Instinkte statt meiner ausleben würde. Ich sitze derweil ab und zu noch an der linken Seite des Schreibtischs, kreuze alle zwei Tage brav bei meinen Hebammen auf und wir machen Kurzvorsorge: Neben dem vorgeschriebenen CTG wird nur der Blutdruck gemessen (wie immer im Keller, aber da ich mich noch bewege, wird noch kein Kreuz verzeichnet), alle anderen Sachen interessieren weder sie noch mich. Abends immer ein paar Wehen. Irgendwas tut sich, aber langsam.

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Mittwoch, 10. April 2013
-6
Ich bin gerade nicht die ausbalancierteste - mag am ungewöhnlichen Körperschwerpunkt liegen. Nach wie vor bin ich die Gelassenheit in Person, wenn ichvor schwierigen Leuten in Ruhe gelassen werde.

Nr. 1 derer, die das nicht befolgt haben, habe ich jetzt wieder weggepackt, an Nr. 2 knabber ich noch.
Erst rief der Theologe überraschend zum Geburtstag an. Überraschend, weil ich vor einem knappen Jahr den Kontakt abgebrochen hatte mit dem Vermerk, dass ich gerade keine Lust mehr zum Kommunizieren habe und mich von mir aus wieder melden würde. Er war also nicht auf dem neuesten Stand (neue Beziehung, neue Wohnung, höchstschwanger) und ging offenbar davon aus, der Zustand kurz vor meinem überraschenden Kontaktende sei noch derselbe, also ich voller Hoffnung und Sehnsucht. Dass bei ihm der Zustand noch derselbe ist, er voller emotionaler Verstrickungen mit Kirche, Eltern, Ehefrau und wahrscheinlich auch noch mir, machte er in der Art, wie er das Gespräch führen wollte, deutlich. Es währte nur kurz und wurde dann freundlich aber distanziert von mir wieder beendet. Keine Lust auf Erklärungen oder zu hören, was es bei ihm so Neues gibt. Ich sagte beim Verabschieden, dass ich ihn in den nächsten Wochen etwas schicken werde, damit er sehen kann, was es so für Neuigkeiten bei mir gäbe und meinte damit eine Geburtsankündigungspostkarte. Schade, dass ich dabei sein Gesicht nicht sehen kann.

Gestern kam der schöne Therapeut überraschend vorbei und wollte sich aus dem Urlaub zurückmelden und Neuigkeiten begutachten. Ich mag keine unangemeldeten Besucher. Überraschungsbesuch ist nur für die Besucher lustig. Noch schlimmer war es, dass er nicht einfach an der Haustüre klingelte, sondern ums Haus gelaufen kam und mit den Händen links und rechts am Gesicht durch alle Fenster guckte (wir wohnen Erdgeschoß mit sehr vielen Fenstern direkt zum Garten). Ich habe ihn dann nur an der Terassentür ziemlich reserviert abgefertigt, der Radfahrer war gerade unterwegs. Dass ich dabei meinen berühmten bösen Blick draufhatte, kann ich mir denken und wurde mir später via Radfahrer, der mit seinem Freund dann telefonierte, bestätigt.
Ich mag den schönen Therapeuten ja (meistens), aber seine Selbstherrlichkeit bringt mich auch jedesmal in Rage und wehe, er kommt unangemeldet Kind besichtigen!

So, jetzt alles wieder ohmmmmm.

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Freitag, 5. April 2013
-1
Gestern war der errechnete Geburtstermin, gleichzeitig mein Geburtstag. Die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter glichen sich alle, also auch über die üblichen Glückwunschfloskeln hinaus. Alle vermuteten, da wir den ganzen Tag nicht zu erreichen waren, dass wir gerade einen Doppelgeburtstag fabrizierten. War aber nicht so. 2-3 Wehen, bei denen zu merken war, dass sich dabei was verändert, sonst ruhig und eine Hebamme, die meinte, heute noch nicht, morgen wohl auch nicht (stimmt).

Wir haben einen Ausflug gemacht. Eigentlich wollte ich etwas für mein Forschungsprojekt besichtigen, in das ich mich vor wenigen Wochen verliebt hatte. Sollte in einer Kirche stehen, die Kirche in einem Ort in einer sehr schönen Landschaft, so dass wir Besichtigung mit Spaziergang verbinden konnten. In dem Ort angekommen, mussten wir erstmal Kuchen kaufen und dann im Pfarramt nach dem Schlüssel zur Kirche fragen. Die Pfarrersfrau guckte etwas zweifelnd und kam dann neugierig mit, in der Kirche guckte ich auch zweifelnd, denn da war nichts. Nichts, außer einer kleinen netten mittelalterlichen Dorfkirche mit seltsam bemalter Empore aus dem 18. Jahrhundert. Die Auflösung stellte sich später heraus: der Ort hat einen Doppelgänger, viel weiter weg. Wenig intelligent vorbereitet, aber was solls, schön wars trotzdem! Und fast frühlingshaft, als wir endlich einen windgeschützten Platz fanden und auch noch die Sonne herauskam, dann musste man sich nur noch den Schnee wegdenken, der so hoch immernoch nicht weggeschmolzen war.

Und natürlich ging auch diesmal der "Spaziergang" von drei Stunden immerhin nicht ohne querfeldein-hangrauf-und-runter-Passagen ab. Der verrückte Radfahrer kam dabei diesmal genauso ins Schnaufen wie ich, weil er einen Teil meines Gewichts mitstützen musste und wir uns außerdem gleichzeitig kaputtgelacht haben...

Ausbeute: Mehr Cecilia Bartoli und Simone Kermes in meinem CD-Regal, einen Riesenblumenstrauß und die Dehios, die ich mir jetzt nicht mehr ständig aus meinem Institut ausleihen muss (was ja bei meiner Abwesenheit gerade auch lästig wäre).

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Dienstag, 2. April 2013
+2
Auf den letzten Metern jetzt noch ein Rheumaschub. Aber abgesehen davon weiterhin alles soweit gut, dass gestern noch eine fast vierstündige Wanderung möglich war. Wenn man dabei ein windstilles Plätzchen erwischte, konnte man sich fast schon den Frühling einbilden. Die ersten singenden Lärchen wurden beim Aufsteigen vom Wind immer wieder abgetrieben, aber haben sich auch nicht aufhalten lassen.

Die wichtigsten vier Katalogtexte sind geschrieben, an Nr. fünf bastel ich gerade und zu Nr. sechs habe ich keine Lust mehr.

Laut Rechnung noch zwei Tage, laut Gefühl noch ca. eine Woche. Ich will ja auch noch die ganzen Korrekturen für das Forschungsprojekt gemacht haben, die während des Antragstellungschaos liegenblieben.

Mein eigentlich ordentlich großer Schreibtisch ist jetzt zweigeteilt: links sitze ich und arbeite ein wenig, rechts wird der Platz von einer Wickelauflage belegt. Auch dort arbeite ich hin und wieder, die Erstlingsausstattung meiner Schwestern muss noch sortiert werden.

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Search request: immer montags wassereinlagerungen
Am Wochenende weniger feiern sollte helfen.

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Mittwoch, 20. März 2013
Ferienwohnung
In den Ferien bloggt man meistens nicht, sondern hat besseres zu tun: Reisen, Ausspannen, Besichtigungen, Wanderungen usw. Ich bin vor einigen Wochen in ein gefühltes Ferienhaus gezogen: So still, dass man sich jedesmal wundert, wenn man den Berg in die Stadt runtergesaust ist, woher all die lärmenden Menschen kommen. So hell, trotz des Schnees und des Regens und mit Blick auf zwei Berge, dass man meint, den ganzen Tag draussen zu verbringen. Was ich auch viel tue, ich kenne schon viele schöne Wege, hübsch verschneit oder verschlammt oder beides und gehe meistens nur noch in Gummistiefeln raus. Abends schreien sich die Dachse an, ein Rehbock mit dickem plüschigen Bast am Horn frisst seelenruhig im Garten (nicht sehr geschätzt vom verrückten Radfahrer, weil diese zierlichen Tiere genauso seelenruhig den Garten leerfressen), Kaninchen hoppeln am Schreibtischfenster vorbei. Endlich ist auch bei mir wieder Frieden eingezogen und die Stimmung bleibt konstant oben.
Vor zwei Wochen, kurz nach Einzug in die Ferienwohnung, mit dem ich mich wohl doch etwas übernommen hatte, habe ich kapituliert und mich in den Mutterschutz zurückgezogen. Der Zeitpunkt war nicht gut gewählt und kam für meine Kollegen und mich sehr plötzlich. Aber nach erster Panik haben sie gemerkt, dass sie die Arbeit ebenso erledigen können. Ich schreibe jetzt nur noch kleine Katalogbeiträge und eine längst überfällige Rezension.

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Dienstag, 22. Januar 2013
Resturlaub
Vorhin mit meinem Büronachbarn kurz überlegt, dass ich ja eigentlich und völlig legal ab sofort für den Rest des Jahres zu Hause bleiben könnte: 44 Urlaubstage, Mutterschutz ab dem 21. Februar bis irgendwann Anfang Juni, dann sechs Monate Elternzeit, für die Resttage sollte mein Urlaubsanspruch auch noch reichen. Müsste man noch durchkalkulieren, notfalls die Elternzeit um ein paar Tage verlängern. Dann habe ich weiter am Forschungsantrag gebastelt.

Und bevor jetzt hier wieder ein Aufschrei kommt: ich werde bis zum 21. Februar weiterarbeiten und danach wahrscheinlich auch noch, sofern ich Lust habe und mich noch ins Büro oder vor den Heimatschreibtisch rollen kann. Alles ganz normal, oder auch nicht.

Dem Projektleiter erklärt, woran es gerade hakt. Er hatte Verständnis, was bleibt ihm auch anderes übrig. Dass der Zeitpunkt gerade denkbar schlecht ist für irgendwelche Wehwechen, wissen wir beide. Notfallplan wird erst nächste Woche erstellt, wenn ich bis dahin immer noch nicht weitergekommen bin.

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Montag, 14. Januar 2013
29. Woche
Klartext: Schwangerschaftsdepression oder irgendsowas. Heute endlich auf Hilfesuche begeben.
Die Hebammen versorgen mich mit Akupunktur (gleich mal fast umgekippt, aber auch gleich mal sehrviel ruhiger geworden) und machen deutlich, dass das nicht die alleinige Unterstützung sein kann, die Psychologin der Diakonie hat mich gleich für morgen einbestellt, dann sehen wir weiter, das Nichtarbeitenkönnenaber wollen wird eingestellt, ich pfeif auf deadlines.

Kann ich nicht lieber kotzen oder Wassereinlagerungen bekommen?

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