Mittwoch, 1. Mai 2013
Freud und Leid
Den Rat der weltbesten Hebamme, vorerst mal nicht mit meiner Mutter zu telefonieren, weil das meine momentane kleine Wochenbettdepression jedesmal verschlimmerte, konnte ich aus aktuellem Anlass mal nicht befolgen: Telefonterror, den ich einen Tag lang ignorierte, schon ahnend aber warum, und dann wollte sie nicht mit dem verrückten Radfahrer sprechen, sondern unbedingt persönlich mit mir, da wusste ich schon den Inhalt:
Meine nächstjüngere Schwester und Problemschwester hat ihr drittes Kind zwei Wochen vor dem Termin zur Welt gebracht. Jetzt ist meine Kleine nicht mehr die Jüngste und hat eine zwei Wochen jüngere Cousine. Soweit alles schön. Das große Leid sind die Umstände der Geburt und das fing schon ewig vor der lang ersehnten Schwangerschaft meiner Schwester an. Diese Geburt und dieses Kind sollte alles wieder gutmachen. Eigentlich sollte es eine Hausgeburt ganz alleine werden, sie hat sich dann doch, auch nachdrücklich durch mich dazu überreden lassen, dass wenigstens eine Hebamme im Haus anwesend sein darf. Hausgeburt deswegen, um ihre traumatischen Krankenhauserfahrungen der vorherigen Geburten zu heilen und das Kind musste die Legitimation für weitere komplette Untätigkeit sein. Es wollte aber nicht und hat sich buchstäblich quergestellt, erst vor zwei Wochen dann doch noch in die richtige Lage gebracht. Die Schwangerschaft war mit allerlei Schwierigkeiten verbunden und die Geburt musste dann doch zu Hause abgebrochen werden und im Krankenhaus per Kaiserschnitt beendet werden. Jetzt geht es ihr so richtig schlecht, weil sie es wieder nicht geschafft hat. Aber zum erstenmal, so sagt ihr unendlich geduldiger Ehemann, denkt sie über psychologische Hilfe nach. Endlich.

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Zugeggeben: zeitweise fand ich die Vorstellung, es könne zu Hause passieren weil es so schnell geht, die A-Lösung.

Es nicht "geschafft" zu haben- damit hatte ich nach der Geburt des GRoßen Tigers auch zu kämpfen, und zwar nicht zu knapp. Als die Physiotherapeutin von der Wochenbettgymanstik erzählte, wie wunderschön ihre Geburt gewesen sei... da lag ich, konnte wg des nicht optimal verlaufenen Kaiserschnittes nicht aufstehen (deswegen kam sie zu mir ans Bett) und heulte los.

Eine Geburt, die nicht so schrecklich ist, kann da schon therapeutische Wirkung haben (war bei mir so). Kann, muß aber nicht und das Kind ist kein Therapeutikum, sondern ein Mensch. Das sollte man niemals vergessen.


Es ist übrigens völlig okay wenn man sich im Wochenbett nicht aller Probleme sämtlicher Familienmitglieder annehmen will, obwohl man doch "nichts zu tun hat", nur rumsitzt oder -liegt und deswegen gaaaaanz viel Zeit (zumindest in der Wahrnehumg einiger Familienmitglieder).

Also: nicht ans Telefon gehen. Den Radfahrer sagen lassen, Sie duschen grad oder schlafen oder machen einen Spaziergang. Anrufbeantworter und Caller-ID nutzen.

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Seh ich auch so.
Die Welt dreht sich sowieso weiter, kann aber auch mal paar Wochen ohne Sie auskommen.

Schaffen Sie sich den nötigen Freiraum, bis Sie sich selbst wieder stark genug fühlen, um auch dort wieder zuzuhören.
Bis dahin haben Sie absoluten Vorrang.

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@cassandra: Dass eine gut verlaufene Geburt auch viel in einem selbst bewegt und also auch therapeutische Wirkung haben kann, bemerke ich an mir selbst. Aber man tut einem Kind Unrecht, wenn man dessen Geburt dieses Gewicht beimessen will. Ich hätte mir gewünscht, meine schwierige Schwester hätte sich vorher schon mir ihren Geburtstraumata befasst - vielleicht wäre dann auch alles ganz anders gekommen.

Ich war übrigens auch nicht im Krankenhaus und bin deswegen sehr dankbar, denn dort hätte man mich wohl auch erfolgreich zu PDA und wohl auch Kaiserschnitt überredet, sagen die beiden begleitenden Hebammen im Geburtshaus. Vielleicht berichte ich mal mehr darüber.

@sid: Den Freiraum schaffe ich mir ja, indem ich mit meiner Mutter nur sehr selten telefoniere, aber bei neuen Familienangehörigen muss man auch mal eine Ausnahme machen. Zwei von meinen eigentlich sehr guten Freundinnen aus der Stadt halte ich auch noch auf Abstand, weil ich sie gerade als sehr anstrengend empfinde: kinderlose Frauen mit starkem Kinderwunsch, die teilhabenwollen....

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man bekommt keine Kinder um sich selbst zu heilen. Punkt.

Ich wollte nie ins Krankenhaus, aber als ich in der ersten Schwangerschaft Diabetes bekam war klar, daß es auf jeden Fall ins Krankenhaus geht weil das Geburtshaus "njet" sagte. Und als die Geburt des Großen Tigers in epischem Ausmaß schiefging (ich wäre beinahe verblutet, trotz Krankenhaus) war klar, daß ich nicht mal Diabetes brauche um nicht ins Geburtshaus zu dürfen.

PDA war für mich danach lange eine absolute Horrornummer, schon vorher war ich eher PDA-unfreundlich. Bei der zweiten Geburt wurde dann wieder eine gelegt und das ging erstaunlich gut. Bei der letzten gab es dann wieder den gleichen Ärger wie bei der ersten...

Ganz fertig ist man mit sowas wohl nie. Aber es ist schon wichtig, sich vorher damit zu befassen, sonst fällt es einem nämlich auf die Füße wenn man es gar nicht gebrauchen kann.
ich erwarte nicht, daß ich jemals die Geburt des Großen TIgers oder die nachfolgende Nacht als schön empfinde. Er lebt und ich lebe, daß zählt, und beides war zwischendrin nicht so recht sicher.

Ich wußte, daß ich mein Kaiserschnitt-Trauma im Griff habe als ich nach einem Kaiserschnitt verlangte weil ich nach 4 Tagen irgendwann mal fertig mit der Welt war. Zwischendrin fragte ich die Ärztin, ob sie so was schon mal gemacht habe und verglich den Tigergatten mit Goebbels (wobei der Tigrgatte schlechter abschnitt..). Mit anderen Worten: es reichte, die Alternative erschien nicht mehr gar so garstig. das war wohl heilsam.

Dieses Mal wollten sie mir nicht mal eine PDA geben. Frechheit, dachte ich- solange bis ich sie bei der Arbeit erlebte....

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@berenike
Dann gut so.

Und die Freundinnen - warten lassen.
Das Kind hat Anrecht auf Bezugspersonen und sonst mal wenig Trubel.

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Während Babies den Trubel meist recht gelassen nehmen, haben Wochenbett-Mütter ein Recht auf Ruhe wann immer sie wollen.

Meine Schwiegereltern waren in den letzten Wochen 2 Mal da, das dritte Mal naht. Und zwischendrin kommt noch die Schwägerin. Und die guckt immer an ihrer Nase lang in jede Ecke, die mal ein bißchen Aufmerksamkeit bräuchte und wenn sagt Sätze wie "ich könnt' in dem Chaos ja nicht leben" oder "immer nur rumsitzen wär' ja nichts für mich". Wenn sie das wieder bringt... ich war für mein loses Mundwerk mal legendär, Zeit für weniger Diplomatie :-)

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Au ja, erklären Sie der Schwägerin, wo der Putzeimer steht und dass Sie sich freuen, wenn sie sich nützlich macht und Ihnen während der Wochenbettzeit hilft. :-)

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Bevor ich mir wieder sagen lasse, daß sie uns besuchen muß damit mal wieder ordentlich geputzt wird, ekle ich sie raus. So was wie "und für mich wäre es nichts wenn mir die Masse die Bluse sprengt" oder "auf dem Hintern würde ich auch nicht sitzen wollen".

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