Freitag, 22. Januar 2016
Rosenkohl
Vorhin, heimkommend, werkelt der Vermieter bei mir im Treppenhaus. Dort ist noch viel zu erledigen: verputzen, streichen, Geländer bauen usw. Erst werde ich sehr warm angestrahlt, dann fragt er mich, wies mir geht und antwortet auf meine Gegenfrage, mit "nicht so gut." Er spricht von Trennung, er kann nicht mehr. Ich hocke im Türrahmen meiner Wohnung an die Zarge gelehnt, er kniet eine Treppe weiter unten mit Pinsel in der Hand, so lässt sich gut unterhalten. Das kleine Mädchen packt derweil meine Einkäufe aus und fängt an, vom Rosenkohl die äußeren Blätter abzuzupfen. So hat sie es von ihrer Großmutter gelernt und schafft damit Fakten, was ich heute esse.
Morgen Nachmittag bauen wir meine Küche fertig. Ich bleibe bei meinem Abstandvorhaben, möchte aber für ihn da sein, wenn er mich zum Aussprechen braucht.

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Mittwoch, 20. Januar 2016
Holzofen
Meine Lieblingsratgeberschwester am Telefon sagte irgendwann, nachdem sie viele andere kluge Dinge gesagt hat, "Ich grinse gerade vor mich hin!" "Ich kann dein Grinsen durchs Telefon hören," meine ich dazu und wir müssen beide lachen.

Am späten Nachmittag klingel ich mit dem kleinen Mädchen, müde vom Schlittenfahren auf meinen Schultern, beim Vermieterhaus. Muss dringend eine Waschmaschine dort befüllen, denn solange noch kein Zähler an meine Waschmaschine angeschlossen werden konnte, und das ist gerade auf der Prioritätenliste des Vermieters ganz nach unten gerutscht, darf ich dort waschen. Lästig, aber verständlich und mir ist eine funktionierende Küche auch gerade wichtiger. Ich wollte ja nur kurz in die Waschküche, wurde aber gleich hochgebeten und mit Essen, Wärme (solche und solche) und Familiendingen versorgt. Das kleine Mädchen hatte sowieso sofort beschlossen, oben nach Spielsachen und Schokolade zu gucken. Die neuesten Streitsachen werden mir von beiden Seiten berichtet, die Versionen divergieren stark voneinander. Die Frau ist ernsthaft psychisch krank, glaube ich langsam, jetzt ist sie eifersüchtig auf den 19jährigen Abiturienten und will, dass er sofort auszieht. Lustigerweise ist sie zwar auf alle Frauen generell, seine Kinder und Freunde und den lieben Gott eifersüchtig, versucht aber ausgerechnet mit mir gegen ihn zu paktieren und will, dass ich eigentlich ständig bei ihnen bin.

Das Telefonats- und Nachdenkergebnis bringt mich zu Folgendem:

- Ich will nicht zur Ablenkung, Bedürfnisbefriedigung und Tröstung des Vermieters herhalten. Falls zwischen uns mal mehr entstehen sollte, wird sich das fügen, Gelegenheiten werden wir massig haben. Jetzt ist gerade nicht die Zeit dazu, nicht bei ihm und auch nicht bei mir. Hormonstau lässt sich auch anderweitig beseitigen.
- Ja, ich habe Angst vor ihm, wie er gestern im engen Keller beim Einheizen des großen Holzofens halb scherzhaft zu mir sagte. Angst vor ihm trifft es sicher nicht, ich habe Angst vor dem, was er in mir auslösen könnte, deswegen werde ich mich auch weiterhin nicht in die schönen Gefühle, die zwischen uns entstehen könnten, hineinsteigern. Abstand. Der Mann ist, so sehe ich das gerade zumindest, definitiv nichts für eine Affäre für mich.
- So, wie ich die Lage der beiden einschätze, wird er sich bald von ihr trennen. Er sollte es nicht wegen mir tun, sondern weil er es für sich entscheiden sollte, dass es für ihn und auch das Kind besser ist. Vielleicht wird es auch anders kommen und die beiden finden wieder zueinander, dann ist das auch gut so. Eine Trennung, besonders wenn ein Baby mit im Spiel ist, braucht Zeit. Ich störe dabei nur.
- Ich selber fange gerade erst wieder an, mich für diese seltsame Spezies Mann zu interessieren, aber mir würde noch eine Zeit des Alleinseins gut tun. Eins meiner Männergeschichtenmuster ist doch: Suche dir immer so einen, der genau das verkörpert, was du beim Ex vermisst hast. Und zwar so schnell wie möglich!
Ich weiß gerade selber nicht, ob das die Anziehung, die der Vermieter auf mich ausübt, ausmacht, aber ich habe keine Lust mehr darauf.

Und noch: Genieße die Freundschaft zu einem besonderen Menschen.

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Montag, 18. Januar 2016
Vermieter
Jetzt also die neue Arbeitsplatte in meiner Küche anbringen. Also die alte provisorische abschrauben, Herd und Spüle wieder abschließen, Schränke neu und endgültig justieren, hier und da noch verschrauben, die neue Platte drauf und alles wieder anschließen und noch jede Menge Kleinkram.
Ich bin nur Assistentin, mein Vermieter hat fast das gesamte Wochenende in meiner Wohnung und dabei meistens auf dem Rücken liegend mit dem Kopf in diversen Schränken zugebracht. Wir verrechnen dabei meine Arbeitsstunden, die ich vor dem Einzug auf der Baustelle geholfen habe. Irgendwie, keiner von uns hat wirklich mitgezählt.
Der Ton ist wie immer herzlich, lustig und derb. Die vielen Stunden körperlicher Nähe lassen auch eine gefühlte Nähe aufkommen.
Einerseits genieße ich dieses Gefühl, zum erstenmal seit fast drei Jahren einem Mann wieder einen Hauch näher zu kommen und sowas wie Begehren zu spüren. Er fand mich ja schon immer gut und hat nie ein Geheimnis draus gemacht, außer seiner Freundin gegenüber, an der er seit einigen Zeit gerade heftig zweifelt (zu Recht, das passt so garnicht, aber das ist eine andere Geschichte). Ich genieße die kurzen, kernigen Umarmungen. Ich müsste nur einmal eine Sekunde länger festhalten, seinen Blick eine Sekunde länger erwidern. Aber er ist ein Freund, zudem mein Nachbar und Vermieter. Es ist eine Nachbarschaft mit Familienanschluss. Ich sitze oft in seinem großen gastfreundlichen Haus, in dem immer - zum Ärger seiner Freundin - mindestens eins seiner erwachsenen Söhne nebst diversen, oft wechselnden Freundinnen, herumhängt. Er ist liiert, wenn auch kriselnd, und ich kenne seine Freundin. Die beiden haben eine viermonatige Tochter. Das alles sind gute Gründe, meine Finger von ihm zu lassen. Dagegen spricht mein Hormonhausghalt, seine Naturmuskeln und eine Art von Männlichkeit, dagegen war der verrückte Radfahrer ein Mädchen.
Hoffentlich ist die Küche bald fertig. Aber dann beginnt er mit dem Ausbau der Wohnung über mir.

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