Samstag, 29. September 2012
kleiner Irrtum
Die Zugfahrt nach Südtirol war ruhig und angenehem. Neun Stunden immer gute Arbeitsbedingungen und mit meinem ständig mich begleitenden Reiseengel ohne Verspätungen und anderen Bahnschrecklichkeiten. Als ich am frühen Abend ankam, war ich zwar etwas verspannt, aber gutgelaunt und mit fertig vorbreiteten Vortrag, der mittlerweile eine runde Sache geworden war. Ich freute mich richtig drauf: auf den nun folgenden Abendvortrag eines fähigen Kollegen, auf die sympathische Professorin, die mich eingeladen hatte, auf neue Kontakte und auch darauf, meine Sachen präsentieren zu dürfen. Im Italienischen war ich wieder richtig drin.
Das kleine Hotel mitten in der Altstadt war schnell gefunden, der Besitzer zeigte mir mein Zimmer mit dem Hinweis, dass er mich ja schon gestern erwartet hätte. Ich dachte mirdabei nur, dass es ein Fehler sein müsse, ignorierte das seltsame Gefühl dabei und packte aus. Irgendwann wurde das Unbehagen, dass die Worte des padrone di casa ausgelöst hatte, so groß, dass ich nochmal auf das Programm sah - und auf meinen Kalender - und auf dem Handy das Datum des aktuellen Tags überprüfte - und alles nochmal von vorn.

Die kleine Tagung war vor gut einer Stunde zuende gegangen.
Ich hätte am Vormittag meinen Vortrag halten müssen.
Ich hatte mir die Daten falsch im Kalender eingetragen.


An die Notfallhandynummer, die man mir gegeben hatte - war ja alles gut vorbereitet - ging niemand mehr dran. In der Uni war kein Büro mehr besetzt. Klar, nach so einem Ereignis geht man entweder noch irgendwo mit Kollegen etwas Essen oder nach Hause. Der verrückte Radfahrer heulte mit mir dann erstmal eine Weile am Telefon, bis ich einfach losgegangen bin. Immerhin musste ich ja auch etwas essen und hatte die Hoffnung, in einem der Altstadtrestaurants eins der beiden bekannten Gesichter zu sehen. Leider nicht, dafür regnete es in Strömen.
Am nächsten Morgen bin ich kurz vor meiner Rückfahrt noch in die Uni, in der Hoffnung, die sympathische Professorin anzutreffen und mich persönlich zu entschuldigen. Sie war nicht da und im Sekretariat kam man auf die Idee, sie einfach auf dem Handy anzurufen und mich dann weiterzureichen. "Du lebst!" waren ihre ersten erleichterten Worte und ich hatte Mühe, im vollbesetzten Sekretariat nicht nochmal loszuheulen. Dann hat sie sich kaputtgelacht und meinte, sowas würde mir nie wieder passieren, und zum Glück ja nur bei ihr und nicht bei einer großen öffentlichen Tagung mit zig bekannten Leuten. Ich soll jetzt den Stoff bei ihr publizieren oder halt ein andernmal vortragen. Und selbstverständlich übernehme sie trotzallem Fahrt- und Übernachtungskosten.

Dann wieder neun Stunden Zugfahrt zurück.

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