Freitag, 22. April 2016
Kaiserschnittchen
Wunderbare Tage bei meinem Eltern verbracht, weil ich aus guten Gründen einfach zwei Tage länger geblieben bin. Meine Schwester mit ihrer Tochter, die im gleichen Alter wie mein kleines Mädchen ist, war auch da und zum erstenmal haben die beiden richtig viel miteinander gespielt. Deshalb war es ja auch so wunderbar entspannend.
Ich wollte nach einem längeren Ausflug mit Familie noch schnell alleine tanken und hörte dabei meine Mailbox ab: Das Kind vom verrückten Radfahrer war überraschend etwas früher und per Kaiserschnitt (er muss ja alles verniedlichen und hat tatsächlich ganz ernst Kaiserschnittchen gesagt) auf die Welt gekommen. Fertig getankt, Musik lauter aufgedreht und nach Hause gefahren. Dort auf dem Parkplatz erstmal eine Runde geheult. Warum genau, weiß ich auch nicht.
Seitdem bin ich schlecht gelaunt. Stimmt nicht ganz, meinte meine Schwester, ich sei schon seit der Ankunft recht reizbar gewesen. Wie auch immer, die schlechte Laune hält an. Jedenfalls simste ich dem Radfahrer höflich Glückwünsche zurück und dass ich zwei Tage länger bliebe, irgendwohin muss ich ja mal mit meiner Masse an Urlaubstagen.
Gestern hörte ich wegen anhaltenden Baustellenlärms früher auf zu arbeiten und beschloss, im Keller zu werkeln. Was mit dem Händen statt mit dem Kopf machen hilft mir immer ganz gut, wenns mir schlecht geht. Ich brauchte hin und wieder Werkzeug vom Vermieter, der währenddessen an der Haustür arbeitete, wollte mir aber nicht helfen lassen und schickte ihn mit dem Warnhinweis auf meine aktuelle soziale Inkompetenz wieder weg.
Aus dem Keller hörte ich, dass der verrückte Radfahrer das kleine Mädchen mit dem Auto zurück brachte und ahnte schon schlimmstes. Stimmte dann auch, er hatte seine Freundin und das Baby dabei, wurde auch gleich stolz dem Vermieter und dem serbischen Hilfsarbeiter vorgeführt, A. kam auch noch dazu und kreischte und ich blieb einfach im Keller und schnitt weiter meine Sachen zu.
Ich will ihn nicht zurück, ich gönne ihm seine Freundin (mit Schadenfreude), ich will gerade selber kein weiteres Kind und trotzdem geht mir das alles gehörig gegen den Strich. Was genau es ist, würde mich interessieren, denn ich verstehe es gerade nicht. Ich hörte, wie das kleine Mädchen nach mir fragte, auch nach oben in die Wohnung lief, aber ich konnte mich gerade nicht so sehen lassen und schon garnicht in diesen vermaledeiten Glückwunsch- und Hachwietolleinbaby-Trubel einreihen. Und als ich das unvermeidliche Kindergebrabbel des verrückten Radfahrers wieder hörte, hätte ich mit dem Messer in der Hand am liebsten etwas zerstört, gerne auch mich.
Irgendwann schaute der Vermieter nach mir und sah meine Tränen, aber Trost von ihm hatte mir gerade noch gefehlt. Nicht, wenn ein paar Stufen weiter oben A. stolz von ihrem eigenen Kaiserschnitt erzählt.

Vorhin brauchte ich für die Anmeldung zum Kindergarten vom verrückten Radfahrer eine Unterschrift und da dort auch weitere Geschwisterkinder aufgeführt werden sollen, bat ich ihm auch gleich den mir noch unbekannten Namen mit einzufügen. Als ich später auf das Formular sah, musste ich dann doch wieder lachen: Das Kind trägt wieder nicht seinen Nachnamen, hat seine Freundin in weiser Voraussicht das ebenfalls richtig gemacht und außerdem hat sie fast denselben Nachnamen wie ich!

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