Mittwoch, 28. März 2012
Rezension
Ich schreibe eine Rezension. Von demselben Autoren habe ich vor einiger Zeit schonmal ein Buch rezensiert. Es war niederschmetternd, für den Autoren. Es war aber auch sein besseres Buch, dieses hier ist schlimmer und ich kenne mich besser mit dem Material aus.
Ich habe mich dafür nach Hause zurückgezogen, ich konnte das meinen Kollegen nicht zumuten, diese Wutanfälle.
Ich kämpfe mich von Version zu Version zu einer immer mehr publizierbaren Fassung herunter. Dabei habe ich eigentlich ein ganz paradiesisches Leben: sitze auf dem Balkon in der Frühlingssonne, den einzigen Lärm machen die wildgewordenen Vögel, was mir Recht ist, solange genügen Tee da ist. Wenn ich eine Pause brauche, gehe ich Laufen oder Einkaufen und treffe dabei meinen sehr charmanten Pfarrer, der immer ganz viel Milch einkaufen muss. Mein Leben wäre echt schön, wenn nur nicht dieser Idiot von einem Autoren...!

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Freitag, 23. März 2012
6.
Schwesternstreit, so banal er auch sein mag, es geht immer gleich ums Ganze, es ist immer gleich das alte Elend wieder präsent - zum Glück schnell wieder vorbei, manchmal sind die Jüngeren doch reifer als die Älteren.

Was mich seit Tagen trägt ist dieses Konzert. Schnell musste und konnte ich mich zum Glück drauf einlassen, dass er eben nicht einer meiner alten Helden ist, dass er sich hin und wieder verspielt, dass er mir zunächst fremd ist. Das Tempo war zu schnell für ihn, es hätte ihm bei manchen Sätzen mehr Bedachtsamkeit gutgetan und mit Argwohn habe ich der 6. Suite entgegengesehen. Die, die mich seit meiner Jugend einfach umgehauen und dann restlos für diese Instrument eingenommen hat, auch wenn ich noch nicht den Mut dafür aufbringe und nie den Ehrgeiz hätte, jemals so etwas göttliches selber spielen zu können. Er hatte sich noch nicht alle Sätze auf derselben Höhe erarbeitet und irgendwie macht das auch den Reiz des Abends aus. Der Sarabande war ich dann kaum gewachsen und sie beschäftigt mich immernoch, so dass ich beinahe heute weit gefahren wäre, um dieses Unerhörte nochmal hören zu dürfen. Soll dieser Cellist sich ruhig noch 20 bis 30 Jahre Zeit für eine Einspielung lassen, es gehört zum guten Ton, dieses Werk nicht mit allzu jungen Jahren aufzunehmen, ich werde darauf warten.

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Montag, 19. März 2012
Heute Sonntag
Da ich das ganze Wochenende durchgearbeitet hatte, habe ich heute Sonntag. Und mein Aufsatz, dessen Fertigstellung dieser Einsatz galt, liegt nun beim Übersetzer.

Natürlich ist die Liste der Dinge, die zur endgültigen Vollendung noch abgearbeitet werden müssen, lang. Aber überschaubar:
- diverse Literaturangaben einfügen
- diverse Seitenzahlen nachtragen
- Bildunterschriften erfinden und ebenfalls übersetzen lassen
- alle Abbildungen auf eine einheitliche Form bringen
- vielleicht doch einen andere Titel erfinden
- ein lateinisches Zitat überprüfen
- ein lateinisches Zitat einfügen

Ich habe mir in den letzten Tagen eine äußerst effektive Kamikaze-Tagesstruktur angewöhnt: Aufstehen um 6:30 Uhr und sofort an den Schreibtisch und eineinhalb Stunden arbeiten. Wenn ich nicht erst durch Frühstück, Zeitung, Internet und Kollegen abgelenkt werden, kann ich äußerst konzentriert arbeiten. Damit wird ab morgen weitergemacht: Drucklegung der Doktorarbeit. Jetzt brennts mir unter den Nägeln.

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Dienstag, 28. Februar 2012
Jahrestag
Wunderbare Tagung. Intensiv, albern, voller neuer Kontakte für mein neues Forschungsprojekt. Am Abend vor der Abreise rief der Theologe an. Ich erzählte ihm, dass ich überlegt hatte, für unser bevorstehendes Einjähriges eine Karte zu schicken mit dem Motiv einer Sonne. In einem Restaurant mit diesem Namen hatten wir uns kennengelernt und am Sonntag jährte sich dieser Sonnentag. Ich erzählte ihm weiter, dass ich wieder Abstand davon genommen hatte, weil seine Exfrau ihm zum Hochzeitstag immernoch eine Karte schickt und ich mich dabei nicht einreihen wollte.
Dann fuhr ich los. War fasziniert von diesem jungen Restauratoren, der so sehr für seine Sache brennt, dass er regelrecht sprühte. Freute mich über das Wiedersehen mit den vielen alten Bekannten. Aß, trank und lachte im Restaurant. Am nächsten Tag ging es weiter mit Vorträgen. Ich immer intensiv dabei, neue Informationen, Diskussionen, Kaffeetrinken. "Auch du brennst für deine Sache!" sagte mir J. vorhin am Telefon, als ich ihm erzählte. An den Theologen dachte ich zwar oft, aber nicht daran, dass er mit eine SMs schicken könnte. Und so sah ich die nachmittags abgeschickte Nachricht erst gegen Mitternacht. Ein netter Gruß und gute Wünsche für die Zeit, das kam seit unserer Trennung nicht mehr vor. Ich rief ihn an, weinselig und aufgedreht und hörte so seine zaghaften Andeutungen nicht. Er bat mich noch, mein Handy anzulassen. Ich dachte, er wolle mir vielleicht zum Jahrestag wieder eine SMS schicken und vergass es am Sonntag wieder. Wieder Diskussionen, Besichtigungen, das Gespräch mit A.. Erst am späten Nachmittag, als der noch nicht abgereiste Rest sich in einem Cafè versammelte, schaute ich wieder auf mein Handy: eine SMS, mehrere Anrufe und eine Mailboxnachricht vom Theologen ab dem Mittag. Die SMS: "Liebe B., gerne wäre ich heute mit dir in der Sonne. Für 20 Uhr hatte ich schon einen Tisch reserviert. Aber ich bin unsicher, wie wir uns begegnen können. Ich weiß nicht, was ich will, weiß nicht, was du erwartest. Ich möchte dich nicht verletzen. Verzeih mein Chaos. Ich tue dir nicht gut." Mir wurde fast schlecht und mir schlotterten die Knie und ich rief ihn an. Wjr mussten sofort entscheiden, weil ich dann den nächsten Zug nehmen musste und er sofort losfahren - immerhin waren es für ihn 250 km. Also verabschiedete ich mich schnell, beruhigte die besorgten Blicke und stürzte los. Taxi vom Bahnhof nach Hause, kurz Duschen und dann war er auch schon da.

Der Abend war sehr romantisch. Ich zog das Kleid an, dass ich auch vor einem Jahr trug und die Kette, die er mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Wir gingen Hand in Hand durch die Stadt zu unserem Restaurant, obwohl uns doch niemand so sehen durfte. Saiblingfilet und der beste Wein, beim Dessert fütterte er mich, küsste mich und schon dort war es eine einzige Verführung. Zu Hause übernahm ich die Verführung, wir waren beide ausgehungert und am nächsten Morgen, ein altes Ritual, gleich nochmal.
Er hatte mich abends eingeladen, ich ihn morgends, oder besser mittags, zum Frühstück in das Cafè am Fluss, ich hatte doch auch nichts zu Hause für ihn.

Wieder bei mir erzählte er mir dann, dass er nur Freundschaft will oder kann. Verständnislosigkeit einerseits, Verständnis andererseits. Er tut mir Leid und es ist nun endgültig vorbei. Ich fühle mich diesem seltsamen und kostbaren Menschen dennoch verbunden, aber ich kann ihn gehenlassen.

Aber das ist immernoch diese Stimme in mir die sagt "bleib!" Ich will sie gerade nicht hören, ich bin müde.

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Donnerstag, 23. Februar 2012
Förderung
Anruf von der Beauftragen für Nachwuchswissenschaftlerförderung der Naturwissenschaften. Wir kennen uns schon länger und schätzen uns gegenseitig. Ihr Anruf kam wegen meiner Besprechung gestern und der nun anstehenden Entscheidung, mich in das Förderprogramm aufzunehmen oder nicht. Sie will unbedingt, sagt sie, und redet dann ganz offen mit ihr, so wie ich mit ihr. Ob die mich nehmen oder nicht, davon hängt das Himmelreich nicht ab und zu einem späteren Zeitpunkt wäre diese Art der Förderung sicherlich wertvoller für mich. Ich erzähle ihr von meinen Bewerbungsabsichten und wir vereinbaren, dass ich mich sofort bei ihr melden würde, wenn ich genaueres weiss. Ich erzähle ihr außerdem, was gerade jetzt den Wert dieses Programm für mich ausmachen würde und was eher nicht so sehr. Vielleicht nimmt sie den Faden auf, denn ich wäre durchaus an einer unkonventionellen Lösung interessiert.

Was ich von diesem Gespräch für mich festhalten will, ist aber dies: "Die anderen gehen nicht so zielgerichtet vor wie Sie, Frau B., bei denen wäre unser Programm gerade sinnvoller." So sieht man mich dort also, oder verpackt so ihren Trost.

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Dienstag, 21. Februar 2012
Details
Ich hatte eine Kleinigkeit in der Ausschreibung übersehen. Diese Kleinigkeit hat mich eine halb schlaflose Nacht gekostet.
Mann! Aber ja, ich würds trotzdem machen. Was ich erst als Nachteile sah, entpuppt sich langsam als großartige Vorteile.

Nur die größtmögliche Entfernung zum Theologen macht mir noch Kopfschmerzen. Aber da wir uns gerade eh nicht sehen, sollte das doch auch egal sein und das Telefon funktioniert auch über diese große Distanz.

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Montag, 20. Februar 2012
Helden des Tages
Die Helden und zumeist Heldinnen des Tages sind die Supermarktkassiererinnen, die lange Schlangen voller ungeduldiger, aufgedrehter und halbbetrunkener Jugendlicher abfertigen müssen, die alles kaufen, was schnell reinknallt. Sie kontrollieren im stetig anwachsendem Lärmpegel stoisch Ausweise von allen, die noch keine grauen Haare haben und müssen sich von jedem dumme Sprüche dazu anhören.
Die Kassiererin meiner Schlange stand kurz vor einer tätlichen Auseinandersetzung, weil so ein dummer "Sehe-ich-etwa-aus-wie...?" partout seinen Ausweis nicht zeigen wollte, aber trotzdem seine bunte Flasche Mixgetränk kaufen wollte. Sie stellte die Flasche kurzerhand hinter sich und der darauffolgende Wutausbruch mit Rechthabenwollen wurde vom Geschäftsleiter kurzerhand mit einem Geschäftsverweis quittiert. Als ich dran war, mit Kiwi und Orangen, hatte sie ihre alte Fröhlichkeit schon wiedergefunden.

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Freitag, 17. Februar 2012
Keine Kontrolle
Mein Chef kommt zu mir ins Büro um zu jammern: Schlechte Stimmung in der Belegschaft, hatte ich auch schon bemerkt. Der Grund ist kurios. Die Mitarbeiter wollen zuviel Kontrolle! Wollen mehr Dienstreiseanträge ausfüllen und die Arbeitszeiten so exakt wie irgend möglich festlegen. "Hau mal auf den Tisch und plädier für mehr laissez faire!" rate ich ihm und werde weiterhin kommen und gehen wann ich will und wenn ich mal länger wegbleibe, das einfach nur mitteilen und das Wedeln mit den Dienstreiseanträgen für unbezahlte Fahrten ignorieren. Dieser neuer Kontrollwahn hatte schon zu Tränen bei meinem neuen Büronachbarn geführt, nein, man kann hier schon von einem Mobbingversuch sprechen.

Eigentlich habe ich beste Arbeitsbedingungen, bin aber n Gedanken schon wieder ganz woanders. Bewerbung für eine Stelle in einer Großstadt mit, mal zur Abwechslung, guter Bezahlung. Dafür würde ich mein gemütliches Stipendiendasein gerne aufgeben.

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Freitag, 27. Januar 2012
Vom Schreibtisch zum Sofa
Statt den Aufsatz abzuschließen, mache ich ein Fass nach dem nächsten auf. Ich sollte mir ein Bibliotheksverbot erteilen. Andererseits sind das immer die besten Phasen, wenn sich so kurz vor der Fertigstellung noch neue Erkenntnisse ergeben!

Der Theologe sagt, sein Rückzug lag doch garnicht an mir, sondern allein an ihm! Weil er nicht zurechtkommt mit den Vorschriften seiner Kirche, mit den Vorwürfen von Frau und Eltern und weil er mir nicht zumuten kann, für immer in der zweiten Reihe zu stehen. Wir sprachen kurz über die Möglichkeit, den Kontakt zwischen uns ganz abzubrechen. Keiner von uns kann es noch will es. Ich sehe auch keine Notwendigkeit, ich bin nach wie vor (meistens) glücklich mit ihm. Aber Freunde von mir hatten es mir nahegelegt, weil sie meinen, ich würde mich damit blockieren.
Dass er jetzt auch noch sehr krank geworden ist, wundert mich nicht.

Der eine Traum: bleib bei ihm, es ist richtig. Der andere Traum: vorsicht, fang nicht aus Einsamkeit und Schmerz einfach irgendwas an, das geht nicht gut aus. Ging ja auch im wachen Zustand nie gut aus... Denn auf einmal tauchte Ch. in meinem Traum auf, unerwartet, ich hatte gerade etwas mit einem flüchtigen Bekannten angefangen.

Dann kam noch die Steuernachzahlung von 2010 und ich habe sie sofort in ein Sofa umgelegt.

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Dienstag, 24. Januar 2012
"Vada a bordo, cazzo!"
Sind wir nicht alle ein wenig Schettino?
An Bord gehen! Auch wenn es dort gerade anders aussieht, als wir uns das sonst so gerne vorstellen mit der schicken Uniform, schöner Begleitung, heldenhaftem Auftreten. Zurück an Bord, obwohl es dort jetzt bedrohlich ist, lebensgefährlich, unsicher, nass, dunkel, chaotisch.
Haben wir nicht alle irgendwo so ein gekentertes Schiff und die Heldentaten machen gerade die Kleinen und Schwachen, während wir lieber das bequeme und feige Land zu erreichen versuchen?

"Vada a bordo, cazzo!"
"Comandante, per cortesia..."

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