Donnerstag, 17. März 2016
Entscheidung
Meine schöne Forschungsprojektstelle läuft im Sommer aus. Verlängerung nicht möglich. Mein Plan war, die kommende Arbeitslosigkeit dazu zu nutzen, um endlich meine noch immer nicht publizierte Diss zu veröffentlichen. Vier Monate dafür wären prima, da ich gerade wegen des kleines Mädchens ohnehin nicht viel arbeiten kann. Finanziell wird es zwar knapp, aber das ist es mir wert.
Jetzt hat man mir eine Elternzeitvertretung angeboten. Ich bin bestens eingearbeitet in den Bereich, es kommt was Neues hinzu, dass mich reizen würde und dennoch hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Sie würde direkt im Anschluss losgehen und es wäre wieder nicht daran zu denken, mich nochmal für einen längeren Zeitraum konzentriert an den Schreibtisch zu setzen.

Ich überlege ernsthaft die Stelle nicht anzunehmen, auch wenn es wahnsinnig klingt, weil sie natürlich Chancen für die Zukunft bieten kann. Eine publizierte Diss allerdings auch.

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Sonntag, 6. März 2016
Umzugshelferessen
Das längst fällige Essen für meine Umzugshelfer, inklusive Küchentransport und -montage, findet endlich statt. Ich koche zweimal Auflauf (Nudeln und Hackfleisch, Kartoffeln und Lachs), irgendwie muss ich diesen Männerhaufen ja satt bekommen. Das kleine Mädchen ist so aufgedreht, dass sie nicht sitzen und essen kann, ständig den Tisch umkreist und meinen Büronachbar, der immer als erstes Hilfe anbietet, mit ihren Spielsachen überhäuft. Irgendwann beschließ sie, den Musikstil zu ändern und legt eine Kindervolksmusik CD auf, mein Protest wird nicht gehört und so singen wir alle kurz darauf Kinderlieder mit. War eine gute Idee, weil so der Flüchtling auch einbezogen wurde, der unseren Gesprächen nicht folgen konnte. Aber mitsingen ging! Irgendwann brachte ich die übermüdete Kleine ins Bett und als ich wiederkam, fehlte der Vermieter. Ich war wütend, weil er einfach gegangen war und enttäuscht, weil ich mir Hoffnungen gemacht hatte, dass er noch bleiben würde, wenn die anderen gegangen sind.

Ich war immernoch wütend, als ich ihm heute Vormittag mit seiner Kleinen im Auto begegnete. Er schlug vor, ihm zum Naturschutzgebiet zu folgen, dort könnten wir mit den Kindern zusammen einen Spaziergang machen. Erster Teil der Aussprache. Er könne das nicht, mit mir paralell etwas anzufangen, dazu wäre ich ihm zu wertvoll. Ich merke, wie sich bei mir sofort ein Schalter umlegt. Statt enttäuscht zu sein, bin ich erleichtert und später wieder zu Hause merke ich, wie er dadurch bei mir in meiner Achtung enorm steigt. Wir vereinbaren ein weiteres Gespräch nachmittags, wenn das kleine Mädchen bei ihrem Papa ist. Mein Vorschlag, dass ich etwas zeitversetzt zurückfahre, um nicht noch mehr Ärger zu provozieren, winkt er erst ab, eigentlich hätte er gerne einen Riesenärger provoziert, aber da weigere ich mich mich instrumentalisieren zu lassen.

Zweiter Tei der Aussprache, als er mir hilft, die geliehenen Stühle und Gläser zurückzubringen. Ich erkläre ihm, dass sich bei mir der Entschluss herauskristallisiert, auch meinerseits die Finger von ihm lassen zu wollen. Ich will nicht einen weiteren Mann in meiner Sammlung, der sich aus irgendeinen Grund nicht zu mir bekennen kann. Wir einigen uns auf vorerst und brechen unser Vorhaben beinahe sofort wieder. Er sieht gerade keine Lösung mit seiner Freundin und dem Baby, mir fallen schon ein paar ein. Ich schlage ihm vor noch einige Tage zu warten, bis der neunzehnjährige Abiturient seine Prüfungen gemeistert hat. Der braucht gerade nicht noch zusätzliche Dramen zu Hause.
Ich habe kein Versprechen abgegeben, das kann ich nicht. Aber ich fühle mich versprochen. Und ich bin endlich wieder ruhiger, das ist es allemal wert.

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Freitag, 4. März 2016
Durschvorhangstange
Verabredet heute mit dem Vermieter um meine Badmöbel fertig zu machen und den Spiegel aufzuhängen. Recht schnell, viel zu schnell ist alles fertig. Ich wollte schon Angst bekommen, dass nun doch wieder nichts aus einer Aussprache wird, weil ich keinen Anfang finde, aber dann beginnt er einfach. Wir sitzen beide im Bad auf dem Boden. Er kniet und sortiert Werkzeug, ich sitze mit angezogenen Beinen vor ihm. Er sagt, er denke oft an mich und hat halt vor einiger Zeit mit seiner Feundin eine falsche Entscheidung getroffen. Jetzt ist da das Baby. Dann spreche ich, sage, dass ich mich gerade sehr zu ihm hingezogen fühle, aber nicht weiß, ob das Bestand haben wird. Erzähle ihm, dass ich ihn unter anderen Umständen längst als Affäre klar gemacht hätte. Es geht noch einiges hin und her, er beklagt seine Situation und ich sage irgendwann - leicht zur Seite, lächelnd, "aber mit dir ins Bett gehen würde ich schon gerne." Da packt er mich an den Füßen und zieht mich über den Boden zu sich. Erst halten wir uns lange im Arm und er schnauft, dass ich das nicht hätte sagen sollen, dass ihn das um den Verstand bringt. Dann küssen wir uns. Irgendwann stehen wir, es ist ein Tanz um Anziehung und Vernunft, wobei meine Vernunft nur soweit reicht, ihn nicht zu drängen, nicht aber, es ihm nicht gehörig schwer zu machen. Du musst mich rausschmeissen, meint er. Aber ich weigere mich und erkläre ihm mit den Lippen im Hals, dass ich gegen seine Gegenwart gerade nichts einzuwenden habe, er müsse schon selber gehen. Tut er dann irgendwann auch.

Am frühen Abend ergibt es sich, dass ich mit ihm, dem neunzehnjährigen Abiturienten, seiner Freundin und Baby noch zum Baumarkt fahre. Nur das keine Mädchen fehlt, was mir aber gerade sehr recht ist mit ihrem messerscharfen Gespür für meine Befindlichkeiten und überhaupt will ich sie aus dieser Schusslinie heraushalten. Ich brauche eine Duschvorhangstange und will sie auf seinen Bauherrenrabatt kaufen. Der Neunzehnjärhige lässt sich an der Schule heraussetzen, die Freundin will eine längere Tour durch dm drehen und wir behalten das Baby und fahren weiter zum Baumarkt. Wieder im Auto frage ich ihn: "Wenn ich verspreche dich nicht zu küssen, hilfst du mir dann bei der Montage?" Darauf bekomme ich eine kurzen heftigen Kuß: "Gerne, aber verprich mir lieber nichts, ich bin dir sowieso hillflos ausgeliefert."
Genau da will ich ihn haben.

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Montag, 29. Februar 2016
Cousinchen
Meine kleine Lieblingscousine (immerhin auch schon 27) hat mich fünf Tage lang besucht, jetzt bin ich am Ende. Sie hatte höchstes Vergnügen an der Vermietergeschichte und war viel aufgeregter als ich. Jeden Abend Wein und lange geredet. Das kleine Mädchen sprang aber trotzdem jeden Morgen um kurz nach 6 aus dem Bett. Ich war so unklug, es jeden Tag davon abzuhalten, meine Cousine nicht ebenfalls sofort zu wecken (Studenten müssen sich auch mal ausschlafen dürfen!). Sie erschlief sich damit einen Vorteil, den sie jeden Abend durch große Munterkeit ausspielte. Gestern mit Tränen in den Augen zum Zug gebracht, heute morgen vom Nachbarn (nein, nicht der Vermieter nebenan, sondern der unter mir) und dessen neuen Freundin um 5 Uhr geweckt worden. Wird Zeit, dass ich ihm lautstärketechnisch etwas entgegenhalten kann.

Vorhin ein langes Gespräch mit der Tagesmutter gehabt und ich kapituliere jetzt einfach. Ab morgen werde ich das kleine Mädchen jeden Tag alleine abholen und dann entweder mit zu mir nach Hause nehmen oder zum verrückten Radfahrer bringen - je nachdem wie die Nachmittagsbetreuung abgesprochen wurde. Das bedeutet, keine gemeinsame Mittagspause mehr mit Kollegen und ggf. angereisten Wissenschaftlern. Dafür werde ich viel Bewegung haben!

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Freitag, 26. Februar 2016
Kurzreise
In den letzten Woche sehr auf Abstand bedacht. Bei der schönen Fahrt - mit seinem kaputten Auto in meine Werkstatt, dort mein Autochen mit neuem Auspuff abgeholt, quer durch die Stadt mit beiden Wagen zu seiner Werkstatt und dann zusammen mit meinem zurück - ist es mir erst im Nachhinein aufgefallen, wie sehr ich ihn ständig ausgewichen bin. Dann tat es mir leid.
Vorgestern wieder ein Elterngespräch mit dem verrückten Radfahrer und unserer Mediatorin. Ich habe sie auf meiner Seite, fair ist das nicht und eigentlich würde ich es mir wünschen, dass sie mir nicht alles durchgehen ließe. Sie und die Tagesmütter plädieren dafür, dass ich das kleine Mädchen immer abhole und er sie dann von mir. Meiner Meinung nach löst das kein Problem, wälzt nur noch mehr Verantwortung auf mich ab und verlangt mir zeittechnisch und organisatorisch ein großes Opfer ab. Und er kann nach wie vor nicht dorthinsehen. Mich macht das so wütend und hilflos, dass ich tagelang nur angespannt und mit Kopfschmerzen herumlaufe. Gestern deswegen noch schnell die Laufschuhe angezogen. Aus dem Haus treffe ich erstmal auf den Vermieter, der gerade Nägel aus Latten zieht für sein neues Hausprojekt, seit Tagen hatten wir uns nicht gesehen. Ich schütte ihm mein Herz aus, frierend wegen der dünnen Laufsachen und bekomme mehrfach von ihm zu hören, dass ich einen Weg finden muss, mit dem Wütendsein aufzuhören. Ja. Dann kommen wir übers Reisen allgemein zu sprechen und ohne lange abzuwägen, aber mit der Vorrede, dies sei kein Vorschlag, sondern nur eine Statusmeldung meinerseits, sage ich ihm, dass ich gerne mit ihm zwei, drei Tage verreisen würde.
Seitdem alles anders. Eine längere Aussprache mit viel Zeit braucht es jetzt.

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Sonntag, 21. Februar 2016
Schwabentagung
Von der Tagung zurück, dessen Konzept nicht funktioniert hatte, die aber trotzdem ein großer Gewinn für mich war.
Da war dieser lange Züricher, der mich auf einen Denkfehler in meiner Interpretation aufmerksam gemacht hatte (bevor ich es publiziere, das ist Gold wert!) und Hilfe für vertrackte Lateinübersetzungen anbot. Und überhaupt kam mein Vortrag gut an, aber eigentlich hatte ich auch nichts anderes erwartet, ich weiß ja um die Schönheit des Themas!
Da war die Nachricht von J. auf der Mailbox und ein kurzer Rückruf während einer Kaffeepause und kurz darauf beleidigt aufgelegtes Telefon. Jagut, ich brauche auch gerade mal eine Kontaktpause. die ich wohl so provoziert hatte..
Da war meine Doktorschwester, wie wir uns gegenseitig nennen, mit der ich einfach immer Spaß habe und mit der ich neue Zukunftsdinge ausheckte. Mal schauen.
Da waren meine beiden Freundinnen aus Studientagen und wie wohltuend es sein kann, beim alten Spitznamen gerufen zu werden.
Da war zwar auch der verpasste Zug, dann aber auch diese kleine und etwas nervige Zugbegegnung, die mich anschließend über den großen Bahnhof schweben ließ.
Da war natürlich das kleine Mädchen, übersprudelnd vor Erzähldrang und höchst zufrieden mit dem versprochenen Mitbringsel.
Da war die lange innige Wiedersehensbegrüßungsumarmung vom Nachbarvermieter.

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Montag, 8. Februar 2016
Vortrag
Die Flyer der Tagung werden nochmal aktualisiert und versendet. Aha, eine Freundin von mir wird auch dort sprechen. Aber ich mag nicht. Warum musste ich unbedingt auf diesen Call antworten? Und warum, wenn ich schon so blöd bin, mussten die mich auch auswählen?! Weil ich gerade immer ausgewählt werde.
Ich weiß, wenn ich erstmal dort in der kleinen Stadt bin, wird mich der Sog von solchen Tagungen wieder erfassen. Wenn ich dann mit meinem Vortrag dran bin, werde ich Spaß dran haben und es gut machen, werde ich Lob ernten und das ganz nett finden. Aber ich lebe nicht mehr dafür. Und höchstwahrscheinlich werde ich auch diesmal die geplante Publikation ablehnen. Jetzt noch nicht, damit ich vor mir selbst den Schein der erfolgreichen Wissenschaftlerin wahren kann, erst kurz vor der Deadline.
Manchmal wünsche ich mir meine alte Begeisterung zurück, dann müsste ich mich nicht mehr fragen, wohin es jetzt gehen soll? Dann müsste ich mich nicht zwingen, endlich mit der Vorbereitung anzufangen, die alten Texte lesen, was Neues daraus machen.

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Donnerstag, 4. Februar 2016
Traum
Mal wieder ein Reisetraum. Seit vielen vielen Jahren träume ich vom Reisen, meist bin ich im Aufbruch begriffen, die mir gut meine aktuelle Situation, Ängste, Wünsche auf meinem Lebensweg spiegeln. Während meiner depressiven und arbeitsunfähigen Zeiten waren diese Träume immer angstbesetzt und über einen langen Zeitraum glichen sie sich. Meist musste ich von meinem Elternhaus zu einer Reise aufbrechen, ein Zug oder Flugzeug musste unbedingt erreicht werden und der Bus, der mich zum Bahnhof oder Flugplatz bringen sollte, fuhr exakt jetzt oder in ganz wenigen Minuten. Ich noch im Schlafanzug, meine Sachen nicht gepackt, meine Familie desinteressiert und so versuchte ich mit größtem Kraftaufwand es doch noch zu schaffen, wissend, es ist vergebens, aber gleichzeitig immens wichtig!
Dann, es ging mir wesentlich besser, die Dissertation war eingereicht, waren die Umstände nicht mehr ganz so unmöglich knapp und ich beschloss während des Traums, einfach einen Zug später und damit eine Verspätung in Kauf zu nehmen. Immernoch angespannt, aber längst nicht mehr so verzweifelt.

Letzte Nacht träumte ich wieder eine Reise. Es wurde manchmal spannend, ob ein Anschlusszug noch erreicht werden konnte, ob Leute, die unterwegs dazustoßen wollen, auch nicht verloren gingen. Aber ich reiste nicht allein, sondern mit undefinierbaren Familienmitgliedern und Freunden, mal mehr mal weniger, die Stimmung war heiter und gelassen und halt manchmal etwas aufgeregt. Gab es Komplikationen, wurde umdisponiert, aber immer ging es irgendwie weiter und wir entschieden zusammen, was zu tun sei.

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Freitag, 29. Januar 2016
Ruhe und Wärme
Ich habe ihn (und mich) gerade da, wo ich uns beide haben will. Ich freue mich jedesmal ihn zu sehen und wenn ein Tag vergeht, ohne eine kleine Begegnung, fehlt mir etwas. Ich muss aber nicht mehr ständig nach ihm Ausschau halten und überlegen, wie ich Begegnungen herbeiführen könnte. Das Zweideutige zwischen uns ist fast ganz verschwunden und wir unterhalten uns viel, hier und dort zwischen Tür und Angel, Treppenhaus, beim Auto oder auch mal in seiner Küche. Dabei teilen wir viel persönliches, fragen uns gegenseitig aus oder sprechen einfach übers Haus und die Arbeiten dort. Es ist in seiner Gegenwart ein schönes Gefühl von Ruhe (obwohl die Anziehung zwischen uns noch da ist, nur gerade sehr im Hintergrund) und Wärme entstanden und genau so kann es eigentlich auch bleiben. Die gelegentlichen kurzen Berührungen, vor allem die kräftigen Umarmungen, helfen mir über meinen Mangel an Körperkontakt mit Erwachsenen hinweg.
Vorhin wollte ich nur kurz den ausgeliehen Kindersitz zurückbringen und zweieinhalb Stunden später, gefühlt eine gute Stunde, erst machte ich mich auf den Weg ins Institut.

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Mittwoch, 27. Januar 2016
Druck
Gestern wegen Migräne früher nach Hause. Das war abzusehen, wenn ich tagelang mit Verspannungskopfschmerzen herumlaufe. Der längst abgesagte Aufsatz muss nochmal entschieden werden, da die Herausgeber mich unbedingt in ihren Band dabeihaben möchten und vom Verlag eine Verlängerung des Abgabetermins eingeräumt bekommen haben. Ich würde ja auch gerne, aber wie? Gleichzeitig mit dem Abgabetermin hätte ich einen Vortrag zu halten und gleichzeitig habe ich außerdem einen Berg Korrekturen und muss selber noch anderes schreiben. Außerdem, und das ist mir gerade das allerwichtigste, habe ich gleichzeitig ein kleines Mädchen, das mich gerade besonders viel braucht.
Der wichtigwichtig Professor meines Forschungsprojekts bekräftigt von einer Geschäftsreise aus seinen Wunsch, meinen Beitrag mit zu veröffentlichen. Ich bin gerade, mit einem bald endenden Vertrag und ohne weitere Perspektive, eigentlich nicht in der Lage ständig Absagen zu erteilen.

Aber ich will nicht. Meine, vor wenigen Monaten mir noch so heilige Forschung, interessiert mich gerade einen Scheißdreck.

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